Höchstgericht erteilt Lizenz zu Böllern, Anrainer setzt seinen teuren Kampf fort

Gerhard Hiebler (r.) will sich vom OGH-Urteil nicht stoppen lassen.
OGH sprach sich für Brauchtumsgruppe aus. Anrainer hat 60.000 Euro in Rechtsstreit investiert.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien hat einen Schlussstrich unter einen Rechtsstreit gezogen, der die kleine Kärntner Gemeinde Rosegg und die Gerichte seit sechseinhalb Jahren beschäftigt. Es geht um das traditionelle Osterschießen mit Böllern, das die Brauchtumsgruppe Rosegg am Abend des Karsamstags und am Vormittag des Ostersonntags veranstaltet. Anrainer Gebhart Hiebler hatte Klage eingebracht, weil der Krach die Gesundheit seiner Familie beeinträchtigen würde.

Machtwort aus Wien

Der Fall durchlief alle nur möglichen Instanzen, nun hat der OGH in Wien ein Machtwort gesprochen: demnach darf der Verein weiterkrachen! Der Original-Wortlaut aus der Urteilsbegründung:

Das Osterböllerschießen findet auf einem von der Liegenschaft des Klägers 410 bis 460 m Luftlinie entfernten Grundstück statt und verursacht Immissionsspitzen von 62 bis 72 dB (Dezibel). Diese Spitzenpegel der Böllerschüsse liegen durchschnittlich um 3,3 dB unter den Spitzen der am Grundstück des Klägers vorbeifahrenden Fahrzeuge. Für einen Durchschnittsmenschen ist dadurch eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen.

Noch zwei Asse

Ein Vergleich zwischen Hiebler und der Brauchtumsgruppe war vor Jahren in greifbarer Nähe. Es spießte sich an der Aufteilung der Kosten für die Gutachter – fast 15.000 Euro. Immerhin gab es sogar Expertisen der Technischen Universität Wien, Lärmmessungen und als Höhepunkt ein psychiatrisches Gutachten über Hiebler. Dieser musste bisher insgesamt 60.000 Euro auslegen. Für einen Rauchfangkehrer viel Geld – allerdings derzeit nur viel Geld für nichts. "Ich gebe nicht auf, kämpfe weiter, bis ich zu meinem Recht komme. Die Sache wird sicher den Europäischen Gerichtshof interessieren. 2500 Böllerschüsse in zwei Tagen. Man fühlt sich wie im Krieg", sagt Hiebler. Er glaubt, noch zwei Asse im Ärmel zu haben. "Nicht nur auf EU-Ebene wird geklagt. Meine Frau Heike hat auch beim Landesgericht Klagenfurt Klage eingereicht. Der Fall muss jetzt komplett neu aufgerollt werden."

"Feuer frei!"

In Rosegg sind die Osterböller übrigens seit 2012 stumm geblieben, obwohl man diesbezüglich auf eine 50-jährige Tradition verweisen kann. "Wir wollten das endgültige Urteil abwarten, ehe wir unser Brauchtum wieder pflegen", sagt Erwin Felsperger, der Chef der Brauchtumsgruppe. "Jetzt ist alles abgeschlossen, ab 2015 lassen wir es natürlich wieder krachen."

Das Osterschießen – es kündigt die Auferstehung Jesu Christi an – ist im Süden Österreichs noch weit verbreitet. Meist wird Karbit verwendet, da es aufgrund seiner chemischen Eigenschaften in Verbindung mit Wasser ein brennbares und explosives Gas freisetzt. Früher wurde noch mit Blechbüchsen und anderen kleinen Dosen "geknallt", doch in den letzten 40 Jahren setzten sich immer mehr die altbekannten – und lauteren – Milchkannen durch.

Kommentare