Hilfe hat in Neudörfl Tradition
Die beiden Afghanen Habib (21) und Khaled (20) leben seit vier bzw. drei Jahren im Caritas-Haus Sarah im nordburgenländischen Neudörfl. Hier werden unbegleitete jugendliche Flüchtlinge betreut.
Die beiden fühlen sich hier sichtlich wohl; sie lachen und scherzen. Über ihre Vergangenheit wird nicht gesprochen: "Wir haben hier in Neudörfl keine Angst. Uns hat noch nie wer blöd angesprochen. Die Leute sind sehr freundlich", sagen beide unisono.
Habib und Khaled besuchen die Disco in Wiener Neustadt, tanzen und trinken auch Alkohol, obwohl sie Muslime sind. Sie nehmen das nicht so genau: "Nur Schweinefleisch esse ich nicht, das schmeckt mir nicht", sagt Khaled und lacht. Er will einmal Bäcker werden. Eine Lehrstelle ist in Aussicht.
Habib ist Sportler. Ein Lehrer in der Handelsschule Mattersburg erkannte sein Talent für Geräteturnen – herausgekommen sind schon drei österreichische Jugendmeister-Titel. In Afghanistan betrieb Habib Kampfsport. "Aber als ich nach Österreich kam, sah ich, dass die Menschen sehr friedlich sind. Warum sollte ich hier Kampfsport betreiben?" Im Herbst macht er die Aufnahmsprüfung am Sportinstitut der Uni Wien. Sollte es nicht klappen, beginnt Habib eine Lehre als Installateur.
"Religionsbekenntnis ist hier kein Thema", sagt an dieser Stelle Pastoralassistentin Jutta Pramshofer-Marchart. "Dass die Integration bei uns so gut funktioniert, hängt wohl damit zusammen, dass seit Jahren ausländische Kinder ohne Probleme den Neudörfler Kindergarten besuchen. Das war und ist für uns eine Selbstverständlichkeit."
Einen großen Teil zu dieser Selbstverständlichkeit würde auch das Haus Sarah beitragen: "Das wird professionell geführt."
Historisch gewachsen
Asylwerbern und Flüchtlingen zu helfen hat für die nordburgenländische Gemeinde Tradition. Bereits Anfang der 1990er-Jahre, als Kriegsflüchtlinge aus Bosnien nach Österreich kamen, bot sie 30 Personen samt Familie im Kinderfreundehaus Unterkunft.
Einer davon war Adil Banjanovich. "Wir konnten kein Wort Deutsch, wussten nicht, was wir tun sollten", erinnert sich der mittlerweile 52-Jährige. Doch sie hatten allesamt das Gefühl, dass ihnen in Neudörfl nichts Böses widerfahren würde. "Die Leute waren wirklich sehr nett zu uns." Von Fremdenfeindlichkeit war nichts zu spüren, erinnert sich der Bosnier. Banjanovich, der in seiner Heimat das Pendant zur HAK-Matura gemacht hatte, ist nach mehreren Hilfsarbeiter-Jobs nun als Bademeister bei der Gemeinde angestellt. Er gehört zu jenen sieben Flüchtlinge, die Arbeitsplätze bei der Gemeinde bekamen.
Bürgermeister Dieter Posch (SPÖ) gibt sich bescheiden: "Es ist ganz einfach: Wir haben keine Berührungsängste mit Ausländern."
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