Hightech: Wiens erste Waschstraße für Radfahrer

Ein Mann fotografiert sein Fahrrad in einer Fahrradwaschanlage.
Österreichische Hersteller sowie Lehrende und Studierende der Fachhochschule Technikum Wien prüfen noch bis Weihnachten die vollautomatische Anlage in der Brigittenau. Der KURIER testete auch.
Von Uwe Mauch

Die beste Nachricht zu Beginn: Das im Frühjahr 2010 gekaufte Dienstrad des Redakteurs war das letzte Mal im Frühjahr 2010 derart blitzblank. Dabei hat er sich seine Hände im Hof der Fachhochschule (FH) Technikum Wien beim Höchstädtplatz in der Brigittenau nicht einmal schmutzig gemacht.

Möglich macht diese wundersame Reinigung eine vollautomatische Waschanlage der in Ried im Innkreis angesiedelten Firma Wintersteiger, die ihr Geld in erster Linie mit hochmodernen Ski-Schleif- und -Servicemaschinen verdient.

Eine Hand hält ein Smartphone, das die Vorbereitung eines Fahrrads für die Velobrush-Reinigung zeigt.

Kostenlos waschen

„Wir wollten unser Portfolio erweitern“, erklärt Projektleiter Patrick Hackl, bevor er mit einer App auf seinem Mobiltelefon dem Waschautomaten signalisiert, dass nun ein schmutziges Stadtrad Extra-Behandlung (Kurzprogramm 2,5 Minuten; Langprogramm 4,5 Minuten) benötigt.

Noch bis 22. Dezember können Radfahrende die Hightech-Anlage kostenlos testen. „Dieses Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist perfekt“, freut sich Markus Eckelt, Forscher und Lehrer am Technikum Wien. In der Tat wurde auch die App von einem österreichischen Unternehmen (mit dem klingenden Namen Juhuu) entwickelt.

Ein Mann lächelt vor dem Gebäude der FH Technikum Wien in die Kamera.

Patrick Eckelt und Studierende erheben nun, „wie die Anlage von Benützern angenommen wird, und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt“.

Wenn man ein Haar in der Suppe finden möchte, dann vielleicht jenes: Das über die App hergestellte „Sesam, öffne Dich“ der Türen dürfte sich noch etwas schneller vollziehen. Aber dieser Hinweis geht jetzt schon fast in Richtung klassische Wiener Raunzerei.

Fix ist hingegen, dass die Bedienungsanleitung Neuankömmlinge ebenso wie digitale Antitalente zunächst einmal vor gröbere Herausforderungen stellt.

Grüne Bürsten einer Waschanlage hinter einer nassen Glasscheibe.

Waschen beobachten

Die Info, dass der Radfahrer nicht auf seinem Rad in die Waschstraße einfahren darf, ist nicht nötig. Er würde nicht in die Box passen. Die bewegliche Rampe wird aus der Box gezogen, das Rad darauf geschoben und die Rampe mit Rad zurück in die Waschanlage.

Nach dem Schließen der Glastüren kann man wie durchs Bullauge einer Waschmaschine den Waschvorgang verfolgen. Zarte Bürsten, die an die Bürsten in Autowaschstraßen erinnern, gehen sofort ans Werk und werden dabei von einem Gemisch aus Wasser und Reinigungsmittel unterstützt.

Mit Hochdruck werden nur die Laufräder, die Reifen und Felgen gewaschen. Die sensibleren Teile des Fahrrads wie Kette, Schaltung und Pedale werden indes während des Hauptwaschgangs mit Niederdruck und den rotierenden Bürsten traktiert.

Ein Mann saugt ein Fahrrad in einer Fahrradwaschanlage ab.

Das neue System ist auch für Radverleiher interessant. Wenn an jedem Abend zig Mountainbikes vom Schmutz befreit werden müssen, würde sich hier die Investition von rund 60.000 Euro pro Anlage schnell rentieren. Doch auch Kommunen könnten Interesse haben. Radfahren auf einem sauberen Rad ist nicht nur komfortabler und lässiger, sondern auch sicherer, weil Schmutz die Verschleißteile angreifen kann.

Stolz ist Patrick Hackl vom Anlagenentwickler auch auf den ökologischen Aspekt seines neuen Angebots: „Das Wasser läuft im Kreislauf und kann gefiltert wiederverwendet werden. Das System ist geschlossen, dadurch wird auch die Umwelt nicht verschmutzt.“

Die Handy-App meldet dem nur kurz wartenden Radfahrer das Ende des Waschvorgangs. Er schiebt dann nach wenigen Minuten Zwischenstopp sein wieder sauberes Radl aus der Waschstraße, verriegelt diese noch und saust weiter.

Ein Fahrrad in einer automatischen Fahrradwaschanlage mit grünen Bürsten.

Wienweit waschen

Für Markus Eckelt steht schon vor Abschluss der Studie fest, dass diese Waschanlage Zukunft hat. Er hofft auch, dass Gespräche mit der Stadt Wien im kommenden Jahr zur Ausweitung des Angebots führen.

Auf einem blitzblanken Fahrrad fällt offenbar auch das Träumen leichter. Eine Vision taucht auf: In jedem Bezirk, in allen neuen klimafitten Grätzeln gibt’s bald eine öffentliche Gratis-Waschstraße für Radler.

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