HCB-Tal lockt mit Heilkraft und Potenz
Die Entscheidung, das durch den Hexachlorbenzol-Skandal bekannt gewordene Görtschitztal als Touristendestination vermarkten zu wollen, war schon ein mutiger Schritt. Die Mittelkärntner Touristiker haben noch eins draufgesetzt, wie das nun ausgearbeitete Projekt „Geheimnisvolles Görtschitztal“ beweist: Zu punkten versucht man mit Liebe, Potenz, Heilkraft oder Religion.
Vor zwei Monaten hat das Umweltbundesamt dem Tal bescheinigt, dass die Spuren des Umweltgifts HCB weitgehend verschwunden sind, daher beginnt nun das Werben um Gäste. Unberührte Natur, frische Luft, Sportangebote und kulinarische Köstlichkeiten haben andere Regionen auch zu bieten. Das Görtschitztal verfügt jedoch über Alleinstellungsmerkmale, die die Touristiker nun vor den Vorhang holen: Den Kupplerbrunnen in Eberstein beispielsweise. Dem Trinkwasser werden besondere Kräfte nachgesagt: Liebespaare hätten sich hier gefunden, Streitende würden sich versöhnen. Und das kühle Nass verleihe dem Mann angeblich Bärenkräfte – ja, auch seine Potenz lasse sich steigern.
Zwei 500 Jahre alte Fichten, die in Eberstein zu finden sind, gelten ebenfalls als Kraftspeicher. Je näher man an die Bäume, die ihre Äste zu Kugeln verstrickt haben, herantrete, desto stärker würde man die Energie spüren, die von ihnen ausgehe, sagt der Volksmund.
Marienerscheinung
„Maria hilft“, steht indes an einem Felshoch in einem Wald nahe Eberstein. Die kleine begehbare Höhle wird „Heiliges Loch“ genannt, gilt als Ort der Marienverehrung und -erscheinung. Aber auch der Buddhismus kommt nicht zu kurz: In Hüttenberg zeugen der buddhistische Pilgerpfad sowie das Heinrich-Harrer-Museum von dessen Leben und Begegnungen mit dem Dalai Lama, der Gebetsraum wurde von seiner Heiligkeit persönlich geweiht.
Kneippwandern im einst HCB-verseuchten Görtschitz-Fluss und auf zehn Themenwegen soll laut Prospekt nicht nur zur inneren Ruhe und Harmonie führen, sondern auch „zum Lächeln“.
Die Gnadenquelle in St. Oswald „heilt die Wut, den Zorn und den Hass, besänftigt die Galle, schmeichelt dem Zwölffingerdarm und vermehrt die Tage der Alten“, ist der Homepage www.meingoertschitztal.at zu entnehmen. Diese lädt übrigens Gäste wie Einheimische ein, Fotos und Informationen von Lieblingsplätzen zu posten und diese in die weite Welt hinauszutragen.
„Wir möchten das Görtschitztal auf analogen und digitalen Marketingkanälen als abwechslungsreiche Tourismusdestination positionieren, um die Nächtigungen und die damit verbundene Wertschöpfung zu steigern“, sagt Andreas Duller, Geschäftsführer der Region Mittelkärnten.
235.000 Euro
Unterkünfte stehen genügend zur Verfügung, hat doch der Tourismus in den letzten Jahren etwas gelitten (die jährliche Übernachtungszahl sank von rund 40.000 vor dem Skandal auf 35.000). Die Hotellerie setzt Akzente, die dem Zeitgeist entsprechen. Vegane Ernährung bietet beispielsweise das erste Öko-Hotel Österreichs, das Biohotel Arche in Eberstein, als Liebesnest kann man einen alten Troadkasten (Getreidespeicher) im Urtlgraben mieten.
Das Tourismusprojekt ist auf zwei Jahre ausgelegt und wird vom Land mit 235.000 Euro gefördert.
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