Harte Strafen für Mobbing via Internet
Jeder zweite österreichische Schüler wird gemobbt. Das belegt eine Studie der OECD, aus der zudem hervorgeht, dass Mobbing in keinem anderen Land Europas derart allgegenwärtig ist. Verschärft wird das Phänomen seit einigen Jahren durch das Mobbing via Internet: Beleidigungen auf Facebook, die Veröffentlichung peinlicher und intimer Fotos oder auch der Ausschluss aus einer WhatsApp-Gruppe. Seit Jahresbeginn können solche Fälle offiziell als Straftat bei der Polizei angezeigt werden. Cyber-Mobbing hält als eigener Straftatbestand nämlich Einzug ins Gesetzbuch und stellt die Behörden vor eine Herausforderung.
Bisher griff die Polizei beim Vorwurf des Cyber-Mobbings auf ähnliche Straftatbestände zurück: Obwohl die Mobbing-Opfer zwar über Telekommunikationsmittel beleidigt oder anders bloßgestellt wurden, wich man beispielsweise auf eine Anzeige wegen Stalkings oder übler Nachrede aus. Mit der Ergänzung des Cyber-Mobbings ins Strafgesetzbuch, müssen sich nun auch die Ermittlungsansätze ändern, wie Thorsten Behrens vom österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) erklärt: "Anfangs wird es für die Polizei schwierig werden, die Situation in den einzelnen Fällen einzuschätzen, denn nicht jeder Streit ist gleich Mobbing."
Die Polizei sieht sich der Aufgabe gewachsen. "Alle Beamten haben das technische Know-how, die Beweismaterialien zu sichern und zu ermitteln. Wenn es beispielsweise so weit geht, dass Morddrohungen ausgesprochen werden, dann wird der Fall an IT-Experten des Landeskriminalamts übergeben", sagt Polizeisprecher Roman Hahslinger.
Mobbing ohne Grenze
Um den Begriff des Cyber-Mobbings überhaupt eingrenzen zu können, gibt es einige Parameter, die der Fall aufweisen muss. Das Mobbing muss etwa über einen längeren Zeitraum andauern und eine größere Anzahl von Menschen muss über ein Computersystem beteiligt sein.
Ihren Beginn finden solche Fälle meist im "wahren Leben", wie Experte Behrens erklärt: "Wo die Beleidigungen und Beschimpfungen früher an der Schul- oder Bürotür aufgehört haben, quälen sie die Opfer jetzt auch zuhause über soziale Netzwerke weiter. Wechselt ein betroffener Jugendlicher zum Beispiel die Schule, dann kann es leicht passieren, dass die Hänseleien in der neuen Klasse fortgesetzt werden. Die Informationen sind ja für alle jederzeit abrufbar im Internet." Zwar betont Behrens, dass sich Mobbing durch alle Altersgruppen ziehen kann, naturgemäß sind aber vor allem Jugendliche und Kinder von Cyber-Mobbing betroffen. Die OECD-Studie belegt, dass 30 Prozent der Mädchen im Teenageralter über Internet oder Handy belästigt werden – ein Umstand an dem das Gesetz an seine Grenze stößt. Unter 14-Jährige können strafrechtlich nicht belangt werden. Die Polizei handelt trotzdem, wie Polizeisprecher Haslinger erklärt: "Wenn es zu so einem Fall kommt, dann wird der Akt mit den Ermittlungsergebnissen an das Jugendamt weitergeleitet. Und auch das zuständige Gericht bekommt die Unterlagen zugeschickt."
Selbstmord als Folge
Über das Strafmaß, das den Täter erwartet, entscheidet schlussendlich die Intensität des Mobbings. Wird etwa mit Mord gedroht, oder kommt es aufgrund der Beleidigungen zum Selbstmord oder einem Versuch, dann kann das für Volljährige bis zu drei Jahre Haft bedeuten. Sofern der Täter ausfindig gemacht werden kann. In der Anonymität des Internets verwischen Spuren zu den wahren Tätern nämlich schnell. Deshalb ist es ratsam, in einem solchen Fall immer Screenshots zu machen und so selbst Beweise zu sichern.
Ignorieren sollten Opfer das Mobbing jedenfalls nicht. Die Täter könnten denken, dass ihr Verhalten in Ordnung sei. Weitere Informationen zum Thema finden Sie auf der Homepage des ÖIAT: www. saferinternet.at
Richtiges Verhalten
Mit den Beteiligten reden Opfer und Täter befragen und gemeinsam eine Lösung für das Miteinander finden. Ob es eine „Wiedergutmachung“ braucht, muss der Betroffene entscheiden. Oft ist es wichtiger, dass der Täter seine Schuld anerkennt.
Eltern einbinden Neben Gesprächen mit den Eltern der Beteiligten ist eine allgemeine Sensibilisierung zum Beispiel in Form eines Elternabends sinnvoll. Eltern wissen oft nicht, was Cyber-Mobbing eigentlich ist, und sind sich der möglichen Tragweite nicht bewusst.
Polizei hinzuziehen Präventionsbeamte hinzuzuziehen macht vor allem Sinn, um einschätzen zu können, ob rechtliche Schritte eingeleitet werden sollen oder nicht.
In der Schule thematisieren Auf keinen Fall darf Mobbing totgeschwiegen werden. Jeder Vorfall muss als Chance genutzt werden, um Aufklärung zu betreiben.
Jeder zweite Schüler in Österreich wird gemobbt. Nirgendwo sonst in Europa sind es so viele, wie eine Studie zeigt. Der Unterschied zu früher: Der Psychoterror hört nicht einfach auf, wenn die Jugendlichen zu Hause sind. Sie bekommen rund um die Uhr gehässige Nachrichten via WhatsApp, oder werden mit Unwahrheiten über sich selbst auf Facebook konfrontiert. Seit Jahresbeginn ist Cybermobbing ein eigener Straftatbestand, der mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden kann. Etwa dann, wenn das Opfer online mit Mord bedroht wird.
Damit will die Justiz noch deutlicher als bisher sagen: Beschimpfungen im Internet sind kein Kavaliersdelikt. Doch die Strafandrohung eignet sich höchstens zur Abschreckung. Die meisten Mobbing-Fälle betreffen nämlich Kinder unter 14 Jahren. Diese können aber nicht strafrechtlich belangt werden und wissen das meistens auch. Eine weitere Lücke des Gesetzes: Erst wenn eine Gruppe ab zehn Kindern am Mobbing beteiligt ist, wird der Fall strafrechtlich erfasst. Gerade im Internet verstecken sich Mobber aber häufig hinter ihrer Anonymität und sind nur schwer zu entlarven. Nicht selten wird es an Beweisen mangeln.
Neben dem neuen Gesetz ist es daher weiterhin wichtig, Kinder und Jugendliche mit ihrem Problem keinesfalls alleine zu lassen oder gar die Schuld bei ihnen zu suchen. Ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Kind und Eltern – oder auch Kind und Lehrer – kann dabei helfen, gemeinsam eine Lösung zu finden. Cybermobbing ist kein dummer Streich. Noch ein Tipp: Wenn Kinder früh lernen, selbstbestimmt zu agieren, werden sie sich in schwierigen Situationen besser zu helfen wissen. - Barbara Wimmer
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