In Sozialen Medien und Bergsteigerforen gibt es Tausende Kommentare. Es überschlagen sich die Wortmeldungen und Mutmaßungen zur Tragödie, die sich vergangenes Wochenende auf dem Großglockner abgespielt hat.
"Unser Leben ist in Gottes Hand, wenn es sein Wille ist, dann trauert nicht um mich, sondern gedenkt meiner in Liebe“. Mit diesen Sätzen trauert die Familie um jene 33-jährige Salzburgerin, die am Sonntag 50 Meter unterhalb des Gipfels am Großglockner auf höchst tragische Art und Weise ums Leben gekommen ist.
Erschöpft vom stundenlangen, kräfteraubenden Aufstieg über den Stüdlgrat dürfte die 33-jährige Touristikerin und Projektmanagerin aus Salzburg vermutlich hilflos erfroren sein.
Partner ist Extrembergsteiger
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck untersucht den Tod und führt gegen den 36-jährigen Partner der Frau Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Der erfahrene Extrembergsteiger, für den die berüchtigte Mayerlrampe – der mit 70 Grad steilste und schwierigste Eisanstieg am Großglockner – eine Art Standardtour ist, hatte seine Freundin auf den Glockner geführt und damit aus strafrechtlicher Sicht vermutlich eine Art Garantenstellung.
Die ermittelnde Tiroler Polizei spricht von einem "Führerverhältnis“ zwischen dem Mann und seiner Begleiterin.
Den Großteil der Strecke mussten die Einsatzkräfte zu Fuß bewältigen
Sportlerin trainierte hart für Bergtouren
An den körperlichen Voraussetzungen der Salzburgerin für eine schwere Bergtour soll es nicht gemangelt haben. Die 33-Jährige war als ausgezeichnete Ausdauersportlerin bekannt.
Bei diversen Trailrunning-Bewerben, wie dem "Hochkönigman“, landete sie regelmäßig im Spitzenfeld der Damenwertung. Auch beim Neusiedlersee-Radmarathon bewältigte sie die 125 Kilometer-Distanz in beachtlicher Zeit.
Klettertouren am Watzmann und Dachstein
Im vergangenen Sommer durchstieg sie nach mehrmonatigem Klettertraining die Watzmann-Ostwand und die Südwand auf dem Dachstein. "Hätte nie gedacht, dass ich nach 6 Monaten Alpinklettern diese Wand durchsteige", kommentierte die 33-Jährige damals ihren Gipfelsieg auf dem Dachstein mit viel Enthusiasmus.
"Die Berge waren dein Leben. Ruhe in Frieden auf deinen geliebten Bergen“, kondolieren geschockte Freunde und Wegbegleiter der Salzburgerin. Die Anteilnahme ist riesig.
Das alles gilt allerdings als Honiglecken gegen eine Winterbesteigung des Großglockners – besonders bei Bedingungen, wie sie am vergangenen Wochenende geherrscht haben. Der 36-Jährige habe die Gipfelbesteigung über den Stüdlgrat geplant und sei der erfahrenere Bergsteiger gewesen, hieß es bei der Polizei.
17 Stunden langer Aufstieg
Das Paar startete am Samstag bereits um 6.45 Uhr Früh von Kals am Großglockner aus. Der Aufstieg sei aufgrund konditioneller und technischer Schwierigkeiten schleppend vorangegangen, so die Polizei.
Nach 17 Stunden beschwerlichen Aufstieges war ein Weiterkommen gegen Mitternacht wegen der Erschöpfung der 33-Jährigen rund 50 Meter unterhalb des Gipfelkreuzes nicht mehr möglich. Für den Abstieg über den Kleinglockner bzw. die Adlersruhe zurück hätte das Paar aber den Gipfel überwinden müssen, ein Zurück war unmöglich.
Auf der Webcam der Adlersruhe sah man den Lichtkegel der Stirnlampen des Paares
Für Peter Tembler, Leiter der Bergrettung-Ortsstelle Kals am Großglockner, spielten die widrigen Bedingungen mit Eiseskälte und Windböen von 70 bis 80 km/h eine Rolle bei dem Alpindrama.
Warum nicht gleich ein Notruf?
Eine Sache mutet besonders merkwürdig an. Nachdem Alpinisten über die Webcam der Adlersruhe den Lichtkegel der Stirnlampen der beiden Kletterer gesehen und Alarm geschlagen hatten, war ein Polizeihubschrauber zu ihnen aufgestiegen.
Die Heli-Crew sah gegen 22.30 Uhr das Paar im Stüdlgrat, drehte aber wieder ab, weil "keine Notlage erkennbar war“. Kurz darauf ging es bereits um Leben und Tod. Der 36-jährige Bergprofi soll noch einige Zeit bei seiner Freundin geblieben sein, bevor er sich allein auf den Weg zur Adlersruhe machte, um einen Notruf abzusetzen. Wieso er dies nicht schon an der Seite der Frau in der Felswand getan hat, ist ebenfalls Gegenstand von Ermittlungen. Laut Bergrettung gibt es nämlich prinzipiell an der Stelle Handyempfang.
Der Notruf des 36-Jährigen erreichte die Einsatzkräfte schließlich am Sonntag gegen 4 Uhr Früh. Zwei Alpinpolizisten und vier Bergretter machten sich zu Fuß auf den Weg, eine Hubschrauberbergung war aufgrund des Sturms unmöglich.
Kurz nach 10.00 Uhr am Sonntag erreichten die Rettungskräfte das Opfer und konnten nur noch den Tod der Frau feststellen. Sie war offenbar erfroren, eine Obduktion soll die genauen Umstände klären.
Nach der Bergung der Toten wurde der Leichnam vom Zwischenlandeplatz ins Tal gebracht
Der Leichnam der 33-Jährigen musste unter schweren Strapazen händisch mithilfe von Seiltechniken zuerst auf den Gipfel und dann zu einem Zwischenlandeplatz des Polizeihubschraubers gebracht werden.
Einsatzkräfte am Boden zerstört
Selbst die erfahrensten Bergretter wie Tembler, der seit 40 Jahren Verletzte und Tote vom Großglockner retten und bergen muss, waren nach dem Einsatz am Boden zerstört. Dass eine junge Frau „dort oben elendig zugrunde geht“, sei eine Tragödie, so die erschütterte Mannschaft.
Seelenmesse
Am kommenden Montag nehmen Angehörige und Freunde Abschied von der Toten, die Seelenmesse wird Tags darauf zelebriert. Ihre Wertschätzung für die Arbeit der ehrenamtlichen Bergretter beweist die Familie der toten Frau damit, dass anstelle von Blumen und Kränzen um Spenden zugunsten der Bergrettung Kals am Großglockner gebeten wird.