Grazer FPÖ schloss Gemeinderat in Zusammenhang mit Finanzskandal aus
Der Grazer Gemeinderatsklub der FPÖ hat gestern bei seiner Klubsitzung eines ihrer fünf Mitglieder, Gemeinderat Roland Lohr, ausgeschlossen. Dies gab die FPÖ am Donnerstag zu Mittag bekannt. Der Ausschluss könnte in Zusammenhang mit der Finanzaffäre der Grazer FPÖ stehen. Lohr habe schwerwiegende Verfehlungen gesetzt, denen vermutlich strafrechtliche Relevanz zukomme, man habe die Staatsanwaltschaft "um Überprüfung dieser neuen Erkenntnisse" gebeten.
Die Turbulenzen sollen laut einem Bericht der Kleinen Zeitung vom Donnerstag in Zusammenhang mit der Affäre um möglicherweise nicht rechtmäßig verwendete Klub- und Parteifördergelder aus der Ära des früheren Vizebürgermeisters und Parteiobmannes Mario Eustacchio sowie von Ex-Klubchef Armin Sippel stehen. Beide waren nach Bekanntwerden der Vorwürfe zurückgetreten. Eustacchio ist mittlerweile sogar aus der Partei ausgetreten. Es gilt die Unschuldsvermutung.
"Schwerwiegende Verfehlungen"
Dem freiheitlichen Gemeinderatsklub zufolge seien bei der Unterlagenbeschaffung für die gesetzlich vorgeschriebene Wirtschaftsprüfung des Klubs für das Wirtschaftsjahr 2021 neue, bisher unbekannte Erkenntnisse zu Tage getreten. Diese wurden umgehend der Staatsanwaltschaft Klagenfurt übermittelt. Dabei gehe es im Speziellen um "schwerwiegende Verfehlungen" von Lohr. Um Schaden vom Gemeinderatsklub abzuwenden, sei dieser nun ausgeschlossen worden. Über weitere Schritte würden die Stadtparteigremien beraten. Lohr war Finanzreferent von Stadtpartei und des Klubs.
Den Klubstatus würden die Freiheitlichen auch noch mit vier Sitzen behalten. Ob Lohr dem 48-köpfigen Gemeinderat weiterhin als wilder Abgeordneter angehören werde, war am Donnerstag noch nicht eruierbar.
"Sauhaufen"
Am blauen Stadtparteitag Mitte März 2022 wurde vom Rechnungsprüfer berichtet, nach Aufarbeitung aller Konten und Bücher seien mehr als 1,1 Millionen Euro an Geldflüssen "nicht aufklärbar". Noch nie habe er so einen Sauhaufen in der Gebarung vorgelegt bekommen, so der Rechnungsprüfer damals. Bis zu 50.000 Euro seien bar bei Banken von den Konten abgehoben und "im Plastiksackerl durch die Herrengasse" getragen worden.
Neben den gut 700.000 Euro an Klubförderungen, die der Ex-Klubsekretär laut Selbstanzeige veruntreut hatte, seien in der Ära Eustacchio weitere 1,1 Millionen Euro aus den Jahren 2014 bis 2021 nicht zuordenbar, ohne Belege "auf Nimmerwiedersehen" verschwunden, wie am Parteitag im März 2022 öffentlich vorgerechnet worden war.
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