Weltweit liegt Österreich unter den Ländern mit der höchsten Schusswaffendichte auf Platz 12. Gab es vor zehn Jahren noch rund 900.000 registrierte Schusswaffen in Österreich, sind es mit Stand Juni 2025 bereits mehr als 1,5 Millionen.
Gleichzeitig nimmt auch die Zahl der Waffenbesitzer rasant zu. Innerhalb dieses einen Jahrzehnts haben mehr als 120.000 Personen in Österreich eine Waffenbesitzkarte beantragt und erhalten. Waren es zuvor noch rund 250.000 Einwohner, die legal eine Schusswaffe besitzen durften, sind es damit inzwischen bereits knapp 375.000. Das entspricht einem Anstieg um knapp unter 50 Prozent.
"Die meisten sagen, sie wollen Sportschützen werden"
Um Revolver, Pistolen oder halbautomatische Schusswaffen erwerben oder besitzen zu dürfen, muss man einerseits ein „verlässlicher Bürger“ des europäischen Wirtschaftsraums, mindestens 21 Jahre alt sein und anderseits glaubhaft rechtfertigen, dass man eine Waffe braucht.
„Die meisten sagen, sie wollen Sportschützen werden“, sagte Rainer Kastner, Waffenpsychologe beim Kuratorium für Verkehrssicherheit, schon Ende März dem KURIER, sieht aber als wahren Grund großteils den Selbstschutz. Obwohl Österreich laut Global Peace Index das drittfriedlichste Land der Welt ist, sei das subjektive Wohlbefinden nach der Flüchtlingskrise 2015 und weltweiten Terroranschlägen verschwunden. Viele würden deshalb aufmagazinieren.
Kritik an veralteten Tests
Um eine Waffenbesitzkarte zu bekommen, braucht man neben dem Nachweis, mit Waffen umgehen zu können, umgangssprachlich „Waffenführerschein“ genannt, auch ein psychologisches Gutachten zur Waffenverlässlichkeit. Psychologen können dafür aus mehreren vorgegebenen Testkombinationen auswählen.
„Es gibt zum Beispiel einen Test, der ist gar nicht mehr käuflich zu erwerben, weil er schon so veraltet ist, trotzdem wird er von manchen noch verwendet. Dass uns als waffenrechtliche Gutachter nicht die Freiheit obliegt, nach unserer professionellen, fachlichen Kompetenz auszuwählen, sehe ich kritisch“, sagt Julia Wachter, Leiterin der Fachsektion Rechtspsychologie des Berufsverbandes Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (BÖP).
"Gibt ein paar schwarze Schafe"
Das größte Problem bei der waffenpsychologischen Begutachtung ist laut Wachter, dass es eigentlich keine Definition von dem gebe, was die Gutachter testen sollen. „Denn was genau bedeutet waffenpsychologische Verlässlichkeit?“, fragt die Psychologin. „Es gibt zwar Ausschlusskriterien wie Drogen- oder Alkoholsucht, psychische Störungen oder wie es veraltet im Gesetzestext steht, Geistesschwäche, aber keine Operationalisierung des Konstrukts. Somit können wir es eigentlich nicht messen. Wissenschaftlich gesehen ist das sehr unbefriedigend.“
Neben der Testung sollte auch ein Gespräch zwischen dem Waffengutachter und dem Antragsteller auf eine Waffenbesitzkarte stattfinden. „Es ist allerdings nicht im Gesetz vorgeschrieben, dass eine Einzelanamnese durchgeführt werden muss. Alle seriösen Waffengutachter tun dies, allerdings gibt es ein paar schwarze Schafe, die dem nicht entsprechen“, kritisiert die Gutachterin.
„Wir bekommen immer wieder Fälle herangetragen, dass Massentestungen stattfinden, wo dann zehn Leute auf einmal in einen Raum gesetzt werden, und Fragebögen ausfüllen. Einzelgespräche finden dabei nicht statt. Stattdessen werden nur anamnestische Daten erhoben und das ist natürlich nicht im Sinne einer professionellen Begutachtung.“
Im Rahmen eines Anamnese- und Explorationsgespräches werden dem Gutachter nicht nur verbale oder, sondern auch viele wertvolle nonverbale Informationen geliefert, die ebenso zur Begutachtung gehören wie Testergebnisse oder Explorationsinhalte. Der Böp habe solche Fälle auch weitergeleitet, „bisher leider ohne Erfolg“. Aufgrund der im Gesetz nicht explizit geforderten Einzelanamnese könne man diese Gutachter nur schwer belangen.
Die Fachsektion Rechtspsychologie habe bereits vor Jahren eine Stellungnahme ans Ministerium geschickt, in der man sich ganz klar von diesen Massentestungen distanziert und klar Stellung dazu genommen hat, wie eine seriöse Begutachtung ablaufen sollte.
„Leider braucht es manchmal tragische Ereignisse, damit sich gesetzlich irgendwas ändert."
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