Gletschersturz in der Schweiz: Auch heimische Berge in Bewegung

Swiss village buried after collapse of glacier
Anders als in der Schweiz liegt in Österreich kaum Siedlungsgebiet in den Gefahrenzonen. Expertin für Ausbau von Messsystemen

Rund drei Millionen Kubikmeter Eis und Geröll haben am Mittwoch das Bergdorf Blatten im Schweizer Kanton Wallis unter sich begraben. Das dabei aufgestaute Wasser der am Talboden fließenden Lonza hat in der Folge weitere Häuser verschlungen. Anderen Gemeinden entlang des Flusslaufs drohte eine Flutwelle.

Die Katastrophe hat sich angekündigt. Aufgrund von am Berg installierten Messsystemen wurde rechtzeitig erkannt, welche Gefahr dem Dorf drohte, nachdem ein riesiger Felssturz vom Kleinen Nesthorn auf den Birchgletscher abgegangen war. Als der Ort verschüttet wurde, war er längst evakuiert.

Nicht vergleichbar

„Es ist bei aller Dramatik auch eine Erfolgsgeschichte, dass dieses Ereignis frühzeitig erkannt und richtig eingeschätzt wurde“, sagt Ludwig Fegerl, Leiter der Landesgeologie in Salzburg, wo es in der jüngeren Vergangenheit ebenfalls immer wieder zu großen Felsstürzen gekommen ist. „Aber in der Dimension nicht vergleichbar“, sagt Fegerl.

Im Wallis seien die Voraussetzungen auch ganz andere als in Salzburg. „Da haben wir einen Riesenhöhenunterschied zwischen dem Talboden und den Gipfeln von teilweise bis zu 2.500 Höhenmetern“, erklärt der Landesgeologe. Die Massen, die bei einem Abbruch in Bewegung kommen können, und die damit verbundene Wucht, sei eine andere.

Auch in Salzburg gebe es immer wieder Felsstürze auf Gletscher, die kleinere Schnee-Gerölllawinen auslösen. Aber das passiere „üblicherweise in den hintersten Talbereichen, also in der Regel in alpinem Ödland“. 

"Gut im Auge"

Und die Bereiche, wo es Nutzungskonflikte geben kann – also etwa bei Kraftwerken, Skigebieten oder Hütten –, „haben wir in der Regel gut im Auge“. Manche Berge werden mit Sensoren dauerüberwacht. Außerdem versuche man, „flächendeckend mit Satellitenüberwachung größere Oberflächenveränderungen aufzuzeichnen“, so Fegerl.

Dass Berge bröckeln, liegt in der Natur der Sache. Das nennt sich schlichtweg Erosion, die seit Jahrtausenden die Alpen formt. „Aber in der Dimension ist es ganz klar auf die Klimaveränderungen zurückzuführen“, sagt der Geologe. 

Gletscher verschwinden im großen Stil und machen loses Gestein frei. Permafrost, der in höheren Lagen wie Kitt wirkt und Felsklüfte abdichtet, taut. Immer öfter als Wasser statt Schnee fallende Niederschläge dringt in die Berge ein und entfalten Sprengkraft.

Auch in Tirol, wo vor zwei Jahren das Fluchthorn im Zuge eines gewaltigen Felssturzes um mehrere Meter geschrumpft ist, sieht die Landesgeologie kein Siedlungsgebiet durch Gletscherstürze gefährdet

Die Gletscherforscherin Andrea Fischer sieht ungeachtet dessen dennoch die Notwendigkeit, das Messnetz in Österreich auszubauen: „Es geht um den Schutz unseres Lebensraumes.“

Kommentare