Wo in Österreich die meisten Betretungsverbote verhängt wurden

Erst vor wenigen Tagen musste die Polizei zu einem Streit in eine Wohnung in Favoriten gerufen werden. Beim Eintreffen erwartete sie lautes Geschrei, umgefallene Möbelstücke und ein aggressiver Mann. Mit ihm in der Wohnung, seine Frau und ihre Eltern.
Selbst beim Eintreffen der Polizei wollte sich der 27-jährige Österreicher nicht beruhigen und verletzte bei der Festnahme sogar eine Polizistin. Gegen ihn wurde schlussendlich ein Betretungs- und Annäherungsverbot (BV) und ein vorläufiges Waffenverbot ausgesprochen.
Kein Einzelfall, wie der aktuelle Gewaltschutzbericht zeigt. Im vergangenen Jahr wurden österreichweit 14.583 Betretungsverbote verhängt. Die meisten davon wurden im Mai sowie im Juni in der Bundeshauptstadt ausgesprochen, die wenigsten im Februar in Vorarlberg.
2023 war Höchststand
Beim Blick auf die vergangenen Jahre zeigt sich, dass die Zahl der Betretungsverbote stetig gestiegen ist. Waren es 2020 noch 11.652 Fälle, stieg die Zahl besonders 2023 mit über 15.000 Wegweisungen auf einen neuen Rekordwert an. Warum die Zahl im vergangenen Jahr wieder leicht zurückging, sei oft anhand der Daten schwer zu erklären, sagt Petra Warisch, interimistische Leiterin des Büros für Gewaltschutz: "Ich könnte mir vorstellen, dass es 2024 weniger Gefährder gegeben hat, die ganze Familien bedroht haben."
Ein Beispiel: Bedroht ein Mann seine Frau und zwei Kinder, dann werden drei Betretungsverbote ausgesprochen. Seit 2020 gibt es eine neue Zählweise. Bis zum 31. Dezember 2019 wurde die Anzahl der BV zwar erfasst, jedoch ließ die Zählweise keinen Rückschluss auf die tatsächliche Anzahl der gefährdeten Personen zu. Außerdem seien in den vergangenen Jahren zahlreiche Sensibilisierungsmaßnahmen gesetzt worden, so Warisch.
Wo gab es wie viele Wegweisungen?
Die meisten Betretungsverbote gab es mit 4.019 Fällen in Wien, gefolgt mit 2.794 in Niederösterreich, Oberösterreich knapp dahinter mit 2.602. Danach folgt die Steiermark mit 1.497, Kärnten mit 934 Wegweisungen, dicht gefolgt von Tirol mit 918. Schlusslichter sind Vorarlberg mit 540 Fällen und das Burgenland mit 482.
Auch die Zahl der Gefährder, die durch die Beratungsstellen für Gewaltprävention im vergangenen Jahr beraten wurden, ist im Gewaltschutzbericht einsehbar: Und auch hier ging die Zahl von 2023 (12.681) auf 2024 (12.534) zurück. "Bei all den Zahlen sprechen wir natürlich von gemeldeten Vorfällen, die Dunkelziffer ist viel höher", erklärt die interimistische Leiterin des Büros für Gewaltschutz dazu.
Angstraumbegehungen für stärkeres Sicherheitsgefühl
In der Regel bräuchten Frauen sieben Anläufe, bis sie sich Hilfe holen. "Und selbst dann ist nicht sicher, dass sie es aus der Gewaltspirale schaffen."
Gewalt passiert bekanntlich aber nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch im öffentlichen Raum. Um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung - und speziell das von Frauen und Mädchen ab 16 Jahren - zu stärken, wurde auch ein neues Programm ausgerollt. Dabei geht es um Angstraumbegehungen.
"Es handelt sich dabei um Orte, an denen sich Betroffene unsicher oder unwohl fühlen, wie zum Beispiel dunkle Unterführungen oder Innenhöfe von großen Wohnanlagen. Geschulte Kollegen gehen dann mit Frauen und Mädchen an diese Plätze. Gemeinsam wird dann evaluiert, was sich die Frauen wünschen, zum Beispiel eine bessere Beleuchtung", führt Warisch aus. 50 Präventionsbedienstete wurden mittlerweile dafür ausgebildet.
Neues Projekt im kommenden Jahr
Das Projekt läuft österreichweit seit Anfang des Jahres. Konkrete Orte, an denen Maßnahmen bereits umgesetzt wurden, wollte sie nicht nennen. Ein weiteres Projekt bezieht sich auch Sicherheit am Arbeitsplatz. "Dabei geht es um den Umgang zwischen Kunden und Angestellte. Besonders im Handel sind da zum Beispiel Verkäuferinnen belastet, wie eine Studie der Arbeiterkammer gezeigt hat", erläutert Warisch weiter.
Die Unterstützung beschränke sich aber nicht auf eine Branche. "Unternehmen können sich an uns wenden und wir informieren die Angestellten dann über die rechtlichen Grundlagen, wenn man im Arbeitsumfeld belästigt oder bedroht wird, über Notwehr, Sicherheitspolizeigesetz sowie Strafgesetzbuch." Dieses Projekt ist für kommendes Jahr angesetzt.
Ausbildung von 50 Gewaltschutztrainern
Seit knapp einem Jahr läuft der Probebetrieb des Büros für Gewaltschutz. Entstanden sei das Büro aus den Bereichen Kriminalprävention und Opferhilfe, sagte Paul Marouschek, stellvertretender Direktor des Bundeskriminalamts. Es befasse sich mit Gewaltschutz „in all seinen Facetten“, wobei hier Prävention und von Gewalt in der Privatsphäre und im öffentlichen Raum zentral sind.
Dafür arbeite man mit NGOs und anderen Ministerien zusammen, alle Methoden seien wissenschaftlich fundiert. Demnächst soll die Evaluierung des Büros starten. In Sachen Gewaltschutz in der Privatsphäre fokussiere sich das Büro auf die Entwicklung einer standardisierten Grundausbildung im Gewaltschutz. Pro Jahr werden 50 Gewaltschutztrainerinnen und -trainer betreut und ausgebildet, die dann wiederum Präventionsbedienstete ausbilden. Das Netzwerk der Präventionsbediensteten in Österreich umfasse derzeit etwa 1.300 Personen, die in unterschiedlichen Bereichen der Polizei arbeiten.
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