„Wir sehen den Vorstoß von geschlossenen Einrichtungen als Option für eine ganz kleine Gruppe von Jugendlichen, die unsere Angebote nur bedingt oder gar nicht annehmen kann“, sagt dazu Ingrid Pöschmann, Sprecherin der Wiener Kinder- und Jugendhilfe (MA 11). Ein Richter müsse entscheiden, wie lange die Kinder und Jugendlichen dort untergebracht wären. Laut Innenministerium (BMI) könnten Pflegschaftsgerichte diese Aufgabe übernehmen.
„Um eine Beziehung zu dem Kind aufzubauen, müssten Betroffene jedenfalls ein paar Wochen dort sein“, betont Pöschmann. Von einem „Gefängnis“ für junge Straftäter hält sie wenig: „Die Einrichtung muss gut konzeptioniert sein, es darf keinesfalls Einzelhaft oder Isolation geben“.
Die Umsetzung werde auch eine Personalfrage sein. Die Neos stellen sich Therapieräumlichkeiten, Aufenthalts- und Schulräume, Werkstätten, Sportflächen und „erlebnispädagogische Angebote“ vor. Dazu brauche es Sozialarbeiter, Pädagogen, Therapeuten, Lehrkräfte und Sicherheitskräfte, so Pöschmann. Die dafür vorgesehenen sozialpädagogischen Wohngemeinschaften müssten überdies erst geschaffen werden.
30 bis 40 Intensivtäter
In Räumen der MA 11 sei es nicht möglich, ein derartiges Angebot umzusetzen. „Man müsste einen Raum schaffen, in dem die Fenster nicht von jedem geöffnet werden können oder der Garten begrenzt ist, damit die Kinder nicht weglaufen können.“ In Wien gebe es 30 bis 40 Intensivtäter unter 14 Jahren und etwa 100 auffällige Jugendliche über 14.
Um die Idee umzusetzen, sieht die schwarz-rot-pinke Bundesregierung eine Novelle des Heimaufenthaltsgesetzes vor. Verfassungsrechtler haben ihre Zweifel, ob es sich dabei um ein probates Mittel handelt. Denn das Gesetz regelt, unter welchen Umständen Menschen mit psychischen Erkrankungen oder intellektuellen Beeinträchtigungen in ihrer Freiheit beschränkt werden dürfen.
„Es geht bei der Debatte aber um sozialpädagogische Einrichtungen, wo Kinder untergebracht werden, weil sie nicht mehr bei den Eltern leben können. Hintergrund ist oft, dass die Eltern psychisch krank, drogensüchtig oder gewalttätig sind“, sagt Christoph Koss vom Bewährungshilfeverein Neustart.
„Rechtliche Grauzone“
Während Eltern ihren Kindern verbieten können, nachts das Haus zu verlassen, gelten in sozialpädagogischen Einrichtungen andere Regeln. „Durch das Heimaufenthaltsgesetz gibt es derzeit noch eine Grauzone, was rechtlich möglich ist. Dürfen sie die Tür zusperren, dürfen sie die Fenstergriffe abnehmen, wenn der Jugendliche aus dem Fenster steigen möchte?“, erklärt Koss.
Es dürfe jedenfalls nicht darum gehen, jemanden wegzusperren. Stattdessen müsse man den Kindern Regeln für das gemeinsame Zusammenleben aufzuzeigen, erklärt Pöschmann. Sie erinnert an einen Fall aus dem vergangenen Jahr, wo Kinder dreimal aus Einrichtungen weggelaufen waren. „So etwas könnten wir verhindern und fragen, warum sie unbedingt wegwollen.“
Bei Intensivtätern sei das wieder etwas anderes. Klar sei aber, dass eine etwaige Umsetzung – in welcher Form auch immer – nur bei entsprechend intensiver sozialpädagogischer Betreuung der Kinder und Jugendlichen Sinn mache.
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