Geschäftsentgang am Wörthersee: "Die Wirtschaft ist ohne GTI tot"
Ganz oben im Regal steht sie. Blau glänzend. In der Mitte prangert stolz ein VW-Logo. "Wem soll ich die jetzt noch verkaufen, sagen‘S mir das?", fragt Trafikantin Heidelinde Stark und fischt nach der Thermoskanne.
Stark hat ihr Geschäft mitten in Reifnitz. Jener Gemeinde, die am Montag überraschend das Aus für das offizielle GTI-Treffen am Wörthersee verkündet hat.
GTI-Aus nach über 40 Jahren
Was Anrainer und wohl auch Polizei aufatmen lässt, sorgt bei Geschäftsinhabern und Gastronomen der Gegend für wenig Verständnis. 20 Millionen Euro an Wertschöpfung sollen die Tuner der Region alleine am verlängerten Christi-Himmelfahrt-Wochenende gebracht haben.
Fragt man Stark, wie viel mehr sie durch die Autofans eingenommen hat, ersetzt ein vielsagendes Lächeln eine Antwort.
Mappe mit Erinnerungen
Dafür holt Stark eine Mappe hervor. Schwarz-Weiß-Fotos sind darin zu sehen. Von GTI’s. Von lokaler Prominenz. Von goldenen Zeiten. „Ich war von Anfang an dabei und führe die Trafik seit 36 Jahren. Natürlich war nicht alles gut. Keiner war für Gummi, Gummi. Aber ohne GTI ist die Wirtschaft tot“, sagt sie und zeigt ein historisches Foto des GTI-Steins.
Er ist das inoffizielle Wahrzeichen der Gemeinde und thront an diesem Dienstagvormittag etwas verloren im Nebel auf einem Parkplatz neben dem Gemeindeamt. Drei Kerzen brennen dort seit den Morgenstunden. Offenbar GTI-Fans, die das Ende der Veranstaltung nach 41 Jahren betrauern.
Auch Bürgermeister Markus Perdacher hat bereits vom Mini-Lichtermeer am Meer der Kärntner gehört. "Wir haben positive Stimmen zum Aus und negative. Natürlich sind viele Geschäftsleute enttäuscht, aber ein Automobil-Treffen in Zeiten des Klimawandels ist einfach nicht mehr zeitgemäß", sagt er. Stark sagt: "Und warum gibt‘s ein Harley-Treffen?"
VW erhielt Vorab-Information
Informiert über den Schritt seien weder die Nachbarorte, noch die Reifnitzer selbst worden. Mit VW habe es vorab Gespräche gegeben. Die Reaktion? "Na ja, glücklich waren sie nicht", erklärt Perdacher.
Wie der Bürgermeister die Sache mit der Wertschöpfung sieht? "Wir werden ja nicht von 20 Millionen auf Null fallen. Die Gäste kommen nach wie vor zu uns." Ob diese Gäste wirklich kommen, wird sich zeigen. In den vergangenen drei Jahren, als das GTI-Treffen pandemiebedingt ausgefallen ist, waren die Tuner da. Bei Vortreffen, bei Nachtreffen. Den ganzen Mai.
Immer auch an einem Ort: Der Tankstelle Mischkulnig – GTI-Hotspot. Wie der Chef dort die Zukunft sieht? "Wenn im Mai die Schweizer kommen, ist alles gut, die sind immer die Ersten. Aber die Polizei hat die GTIler gejagt, mich würd‘ es nicht wundern, wenn keiner kommt."
Velden fällt Gästegruppe weg
Weg von Zapfsäulen, hin zur Kulisse des Schlosshotels in Velden. Rechts blickt die Büste von Roy Black stoisch über die Szenerie, links spricht Bernhard Pichler-Koban, Geschäftsführer Velden-Tourismus, über die Folgen. "Die Wertschöpfung ist eine große. Wir reden davon, dass wir im Mai Zustände wie in der Hauptsaison hatten. Das trifft uns natürlich hart. Für Velden bedeutet dies den Ausfall einer wichtigen Gästegruppe."
Froh seien in Velden vor allem die Anrainer über die Absage, der Tourismus ist es nicht, betont Pichler-Koban.
In der Trafik von Frau Stark steht die VW-Flasche wieder im Regal. GTI-T-Shirt und Brillen wären auch noch auf Lager. Eine Antwort, ob diese jemand kauft, wird wohl erst der Mai bringen.
Kommentare