Geheimprozess gegen Hassprediger

Mirsad Omerovic alias Ebu Tejma predigte im Internet. Er bestreitet, jemals für den IS geworben zu haben
Grazer Gericht: Erstmals ist Mord als terroristische Straftat angeklagt

Der Grazer Terrorprozess gegen den Wiener Hassprediger Mirsad Omerovic, auch bekannt unter seinem Prediger-Namen Ebu Tejma, wird eine Premiere. Noch nie wurde einem mutmaßlichen Islamisten in Österreich der Absatz 1 des Paragrafen 278c angelastet, das ist Mord als terroristische Straftat. Mirsad Omerovic ist der Anstiftung eines Mitangeklagten zum Mord an Ungläubigen angeklagt, dem Mitangeklagten selbst wird in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Graz die Ausführung eines Mordes vorgeworfen. Beiden drohen 10 bis 20 Jahre oder lebenslange Haft.

Auch in einem anderen Punkt wird Neuland betreten: Der Prozess, der im Frühjahr 2016 unter strengen Sicherheitsvorkehrungen im Landesgericht Graz beginnen soll, wird zum Teil hinter verschlossenen Türen abgehalten. Das wird schon in der Anklageschrift so angekündigt. Zumindest während der Zeugenbefragung von Staatsschutz-Beamten über das, was sie ermittelt haben, soll die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.

Verworrene Anklage

Jürgen Stephan Mertens, der die Verteidigung des bisher durch Lennart Binder vertretenen Mirsad Omerovic übernommen hat, ist gespannt darauf, mit welcher Begründung die Gerichtsverhandlung zum Geheimprozess wird. Bei der Befragung von verdeckten Ermittlern kann er sich aber einen Ausschluss der Öffentlichkeit vorstellen. Die 100-seitige Anklageschrift sei „verworren“, sagt der Anwalt, der zum ersten Mal in einem Terrorverfahren verteidigt. Er macht sich auf einen „langwierigen Prozess“ gefasst.

Dieser wird im Landesgericht Graz inzwischen vorbereitet, im Dezember gibt es ein Vorgespräch mit den Geschworenen. Zwei Laienrichter haben einen der anderen Verteidiger (insgesamt sind vorerst vier Personen angeklagt), Gregor Rathkolb, angerufen, nachdem sie ihre Ladungen zur Verhandlung vom Gericht bekommen hatten. Sie seien sehr verwirrt und der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen. Wie sie auf ihn gekommen sind, weiß Rathkolb nicht, er konnte sie zum Landesgericht Graz weiter verweisen.

Mirsad Omerovic alias Ebu Tejma hatte vor seiner Verhaftung in der Altun-Alem-Moschee in der Venediger Au in Wien-Leopoldstadt und im Internet gepredigt. Dabei soll er Gotteskrieger für die IS-Terror-Miliz in Syrien rekrutiert und Spenden für den Dschihad gesammelt haben. Außerdem fanden die Ermittler auf seiner beschlagnahmten Festplatte eine Datei, bei der es sich laut Gerichtsakt um eine Anleitung zur Herstellung einer Fernzündung per Handy handelt.

Deutscher Gutachter

Für die Analyse der auf youtube veröffentlichten Predigten und Reden des 33-Jährigen wurde der deutsche Islamexperte Guido Steinberg als Sachverständiger beauftragt. Der Wissenschaftler arbeitete als Terrorismusexperte im deutschen Bundeskanzleramt und sollte unter anderem untersuchen, ob den Predigten Aufrufen zum Dschihad zu entnehmen sind. Anwalt Rathkolb hatten den Gutachter zunächst abgelehnt, weil dieser in einem TV-Interview einst fallengelassen haben soll, er habe vom Koran keine Ahnung. Nach Vorliegen der Steinberg-Expertisen muss Rathkolb dem Experten aber zugestehen, dass er „tadellose Arbeit geleistet“ habe.

Wann der Prozess genau startet, ist noch ungewiss. Barbara Schwarz vom Landesgericht Graz sagt, vor Jänner gebe es keine Informationen.

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