Briefbombenserie: Opfer Kelz warnt vor Radikalisierung

KURIER: Heuer im Sommer ist es 30 Jahre her, dass eine Explosion ihr Leben verändert hat und sie im Polizeieinsatz wegen einer Rohrbombe beide Hände verloren haben. Wie oft denken Sie noch an diesen Tag zurück?
Theo Kelz: Fallweise. Ich kann nicht jeden Tag an dieses Ereignis denken. Das ist nicht das Wahre. Ich war eben bei der Polizei als Sprengstoffexperte tätig und bin damals über einen wahrscheinlich gefährlichen Gegenstand informiert worden, der bei einem zweisprachigen Gymnasium in Klagenfurt deponiert wurde.
Hilft es Ihnen in Bezug auf Ihr Schicksal, zu wissen, dass Sie mutmaßlich sehr viele Leben gerettet haben?
Ich glaube schon. Franz Fuchs hatte ja das Ziel, unzählige Kinder zu töten. Ich konnte das Gott sei Dank verhindern. Ich bin damals früher als geplant von einer Reise zurückgekehrt und deshalb genau an diesem Tag wieder in den Dienst gekommen.
Heute wissen wir – anders als damals, dass Fuchs hinter dem Attentatsversuch stand und rechtsextremer Serientäter war. Macht es Ihnen Sorge, dass politische Gewalt wieder zunimmt – siehe das Schussattentat auf den slowakischen Premier oder Angriffe auf wahlwerbende Politiker in Deutschland?
Es ist schlimm, dass es wieder zu solchen Handlungen kommt. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass es wieder zu solchen Attentaten kommt. Speziell Politiker sind natürlich extrem gefährdet.

Theo Kelz, Polizist in Pension
Die Stimmungslage scheint sehr polarisiert. Müssen Politiker mit ihren Worten sorgsamer umgehen?
Das Klima ist sehr aufgeheizt. Dafür tragen vermutlich auch politisch Verantwortliche Rechnung. Sie müssen und sollen in ihrer Wortwahl danach trachten, dass sie das ganze Klima nicht noch mehr aufheizen.
Fuchs war von fanatischem Ausländerhass getrieben. Wir haben heuer mehrere Wahlkämpfe, in denen dieses Thema wohl eine Rolle spielen wird. Wie geht es Ihnen damit, dass die Debatte in eine ähnliche Richtung führt, wie damals rund um die Bombenanschläge?
Ich kann nur an alle appellieren, dass sie keine Worte in den Mund nehmen, wo das Ganze noch mehr aufgeheizt wird – sei es von politischen Mandataren oder auch von der Bevölkerung.
Bombenserien
Zwischen 1993 und 1996 erschüttern mehrere Bombenserien die Republik. Erst 1997 wird Täter Franz Fuchs gefasst. 2000 nimmt sich der Rechtsextreme in Haft das Leben. Seine Taten kosten 1995 vier Menschen in Oberwart das Leben und fordern 15 Verletzte
Theo Kelz
Am 24. August 1994 hantiert der Polizist als Sprengstoffexperte mit einer von Fuchs gelegten Rohrbombe, als diese explodiert und ihm beide Hände wegreißt
Sie haben nach dem Unglück, das Sie erlebt haben, eine Ausbildung zum Mediator und Konfliktmanager gemacht. Haben Sie einen Tipp, wie die Gesellschaft wieder runterkommen kann?
Jeder Einzelne soll sich fragen, ob er nicht etwas Positives dazu beitragen kann. Man ist nie gefeit, dass es wieder Leute mit einem Gedankengut gibt, Andersdenkende zu schädigen.
Jahre nachdem Sie Opfer der Bombe von Franz Fuchs wurden, konnte er geschnappt werden. Fuchs nahm sich nach seiner Verurteilung in Haft das Leben. Was ist Ihre Haltung diesem Mann gegenüber?
Jeder Mensch kann Rache- und Hassgefühle erfahren. Ich hatte das nie. Jeder Einzelne kann an sich arbeiten, um solche Gefühle zu verbannen. Und wenn es Hass gegenüber Andersdenkenden, Ausländern oder politischen Gegnern gibt, müssen sich die Leute an der Nase nehmen und sagen: Das bringt dir nichts, das bringt mir und der gesamten Gesellschaft nichts.
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