Eine absurde Datensammlung
Die Austro-Control möchte über ihre Fluglotsen und alle österreichischen Piloten jedes Detail wissen: Ob sie ein Intimpiercing haben oder ein Muttermal am Bauch. Ob deren Großvater einen Herzinfarkt hatte und sogar wie ihr Anus beschaffen ist.
Hintergrund ist die fliegerärztliche Untersuchung. Früher war es so, dass alle Piloten (und Lotsen) zu fliegerärztlichen Untersuchungen mussten. Die dafür lizenzierten Ärzte stellten ein Papier ("Medical") aus – in dem stand, ob ein Pilot flugtauglich ist oder eben nicht.
2013 führte Austro-Control das Computersystem EMPIC ein. Seither muss jeder der 85 österreichischen Flugärzte jedes medizinische Detail im PC eingeben – und an die Austro-Control weiterleiten. Einigen Ärzten war dies zu viel, sie installierten EMPIC nicht und versuchen alles, um diesen intimen Datentransfer zu stoppen. Seither tobt ein Kampf, der zu polizeilichen Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs und allerlei Anschuldigungen führte.
Ärzte: Es geht zu weit
Nun greift die Austro-Control durch. Dem burgenländischen Fliegerarzt Rudolf Golubich wurde vergangene Woche die Lizenz entzogen, gegen die Wienerin Cordula Hutter und einen weiteren Mediziner laufen Enthebungsverfahren. Enden diese mit einem negativen Bescheid, dann dürfen diese Ärzte keine "Medicals" mehr ausstellen.
"Ein nicht gemeldetes Tattoo am Hintern ist nicht sicherheitsrelevant", ist Golubich empört. Es gehe um 500 bis 600 Untersuchungen, die er jedes Jahr durchführt. "Letzte Woche kam der Bescheid wegen Gefahr im Verzug. Das klingt anrüchig und das ist auch so gewollt", erklärt der Mediziner.
"Wir sind nicht dazu da, um Piloten erkennungsdienstlich zu erfassen", sagt Ärztin Hutter. Im Gesetz werde nur ein "detaillierter Report" verlangt, in Deutschland müsse man so intime Details nicht melden. "Manche Patienten sagen: Wenn das weitergeleitet wird, müssen wir euch leider anlügen."
Untersuchung in Deutschland
Markus Pohanka von Austro-Control beruft sich in einer Stellungnahme auf "nationale und internationale Vorschriften". Das von der Austro-Control mitentwickelte EMPIC sei "in mehr als 20 Staaten im Einsatz". Die Daten von Fluglotsen würden auch nicht intern verwendet.
In Pilotenforen kursiert bereits ein Weg, das alles zu umgehen: Die fliegerärztliche Untersuchung kann in Deutschland durchgeführt werden. Die dortigen Ärzte müssen die Details nicht an Austro-Control melden.
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