Feuerwehr: "Nicht jeder, der schaut, ist Gaffer"

Feuerwehr: "Nicht jeder, der schaut, ist Gaffer"
Ob Sichtschutzmaßnahmen erforderlich sind, müsse jede Feuerwehr im Einzelfall bewerten.

Die Debatte um Schaulustige bei Rettungseinsätzen hat den Bundesfeuerwehrverband nun zu einer Stellungnahme veranlasst, die von der Forderung der Polizei abweicht. In einer KURIER-Diskussion zum Thema, hatte der Wiener Polizeisprecher Patrick Maierhofer erklärt, dass er es für sinnvoll hält, Gaffer strafrechtlich zu verfolgen. In der Stellungnahme des Feuerwehrverbands stellt dessen Präsident Albert Kern aber klar, dass man beim Thema Gaffer differenzieren muss.

Es sei zwar moralisch verwerflich, Videos und Fotos von einem Einsatz zu machen, solange die Einsatzkräfte aber nicht behindert werden, bestehe darin aber kein strafrechtlicher Tatbestand. "Nicht jeder Passant ist automatisch ein Gaffer und nicht jeder Einsatz bedarf einer rigorosen Abschirmung", erklärt Kern in dem Statement. Ob Sichtschutzmaßnahmen erforderlich sind, müsse jede Feuerwehr im Einzelfall bewerten.

Die Feuerwehr Wiener Neustadt in Niederösterreich setzt bereits Sichtschutzwänden ein. Deren Sprecher Richard Berger betrachtet die momentane mediale Aufmerksamkeit kritisch: "Man muss aufpassen, dass nicht jeder Ersthelfer das Gefühl bekommt, ein Gaffer zu sein. Sieht man eine Person, die Hilfe braucht, sollte man nicht zögern, zu helfen und die Einsatzkräfte zu alarmieren."

Ebenso wie der Bundesverband hofft die Wiener Neustädter Feuerwehr, dass die Gaffer-Problematik mit Bewusstseinsbildung eingedämmt werden kann und appelliert an den "gesunden Menschenverstand."

Es sollte jedem klar sein, was das Posten eines Unfallfotos für Konsequenzen haben kann: "Man muss sich nur vorstellen wie es wäre, auf Facebook vom Tod oder Unfall eines Familienmitglieds zu erfahren. Das ist schrecklich und auch wir achten immer genau darauf, dass die Polizei zuerst die Angehörigen informiert hat, bevor wir mit einem Einsatzbericht an die Öffentlichkeit gehen", sagt Richard Berger.

Differenziert einsetzen

Dass die Kritik an der Forderung nach Strafen ausgerechnet aus Wiener Neustadt kommt, dürfte so manchen verwundern: Waren doch die Wiener Neustädter vor einem Jahr die ersten Retter in Österreich, die Sichtschutzwände anschafften. Die sind laut Berger "taktisch differenziert" in Einsatz. "Wir benutzen sie hauptsächlich bei Unfällen auf der Autobahn, um Staus auf der Gegenfahrbahn zu vermeiden. In machen Situationen sind sie auch in der Innenstadt nützlich. Wenn zum Beispiel jemand reanimiert wird, wollen wir vermeiden, dass Kinder das sehen."

Strafen seien nach Meinung des Feuerwehrmanns zudem schwer zu exekutieren: "Aus meiner Erfahrung hat die Polizei keine Zeit, Schaulustige während eines Einsatzes nach ihren Personalien zu Fragen. In solchen Momenten geht es um Hilfe für die Opfer", sagt Berger.

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