Festspiele & Fußball: Der Kampf gegen den Ticket-Wucher

Schnöder Mammon: Salzburger Festspiele gehen gegen überteuerte Schwarzmarktickets vor
Salzburger Kulturinstitution geht gegen Online-Plattform viagogo vor. Karten-Verkäufern droht Sperre

Das Finale ist nicht weit, wenn Tobias Moretti bei den Salzburger Festspielen als „Jedermann“ mit dem Mammon ringt. Das Festival selbst hat heuer aber ebenfalls einen Gegenspieler – und auch hier spielt das schnöde Geld eine bedeutende Rolle.

Der Veranstalter wehrt sich erstmals gegen massiv überteuerte Tickets, die vor allem über die Schweizer Online-Plattform viagogo verkauft werden. Um mehr als 2900 Euro wird da etwa eine Karte für „Salome“ angeboten – das Zehnfache des eigentlichen Preises von 265 Euro in der Kategorie C. Das Problem nur: Die regulären Karten sind ausverkauft.

Das Konzept der Plattform, die als Online-Marktplatz fungiert, ist simpel: Regulär gekaufte Tickets werden von Privaten weiterveräußert. Die Plattform behält sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer eine Provision ein. Entsprechend hoch sind die Aufschläge für Bearbeitungs- und Liefergebühren auf den angeführten Ticketpreis, die erst am Ende des Buchungsvorgangs ersichtlich sind.

„Dass es solche Auswüchse bei den Kartenpreisen gibt, fällt natürlich auch auf uns zurück“, sagt der Kaufmännische Direktor Lukas Crepaz. Denn tatsächlich würden bei den Festspielen Karten zwischen fünf und 430 Euro zur Verfügung stehen. Die Festspiele prüfen nun rechtliche Schritte gegen viagogo.

Weitere Maßnahmen sollen dem Schwarzmarkt das Wasser abgraben: „Wenn wir draufkommen, dass jemand Karten missbräuchlich weiterverkauft, wird er gesperrt“, sagt Crepaz. „Zudem behalten wir uns vor, die Karten zu stornieren. Das heißt, der Käufer kann sich nicht sicher sein, ob sein Ticket bei Eintritt noch gültig ist.“ Damit soll verhindert werden, dass sich Menschen an etwas bereichern, was ihnen nicht zusteht, meint Crepaz.

Festspiele & Fußball: Der Kampf gegen den Ticket-Wucher

Bei viagogo wurden Karten für „Salome“ um das Zehnfache des regulären Preises verkauft

Meerjungfrau um 83 Euro

Gerade im Festspielsommer zeigt sich, dass keine Veranstaltung zu klein ist, um das große Geld machen zu wollen. So werden auf viagogo auch Karten für „Die kleine Meerjungfrau“ im Rahmen des Märchensommers Poysbrunn, NÖ, um 83 Euro anstatt 27 Euro angeboten.

Für „Jedermann“ in Mödling müssten 118 statt 45 Euro gezahlt werden. Der Veranstalter warnt, so wie auch die Felsenbühne Staatz (NÖ, Weinviertel), auf ihrer Homepage vor Anbietern wie viagogo. Das Problem: Googelt man die Veranstaltungen, ist die Plattform stets unter den ersten Treffern. „Die haben eine unglaubliche Online-Präsenz“, sagt der Intendant des Mödlinger Sommertheaters, Andreas Berger. Dazu käme, dass bei der Buchung mit dem Hinweis, dass nur noch wenige Tickets verfügbar seien, Druck auf den Käufer aufgebaut werde. Bei der Arbeiterkammer gehen laufend Beschwerden ein. „Wenn Sie auf viagogo online ein Ticket kaufen, haben Sie kein Rücktrittsrecht“, warnt Konsumentenschützer Manfred Neubauer von der AKNÖ. „Die Plattform nutzt den Graubereich aus.“

Klagen laufen

Die Salzburger Festspiele sind nicht die einzigen, die sich nun wehren. Ende 2017 haben die Kabarettisten Viktor Gernot und Monika Gruber aber auch der Wettbewerbsschutzverband (WSV) mit Hilfe von Rechtsanwalt Johannes Hintermayr Klagen gegen die Schweizer Firma eingebracht. Es geht um einen Streitwert von 35.000 Euro.

Im Fall des WSV hat das Landesgericht Linz die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen, hier hat Hintermayr Anfang Juli Einspruch beim Oberlandesgericht eingelegt. Auf die Klage der Kabarettist wiederum hat viagogo nicht reagiert, daher hat der Anwalt einen Antrag auf Fällung eines Versäumungsurteils gestellt. „Ich bin überzeugt, dass viagogo haftet. Die Handlungsweise bedeutet einen ‚Schwarzmarkt‘ für Tickets, der auch in Österreich betrieben wird, ohne eine Gewerbeberechtigung für ein Kartenbüro zu haben“, sagt Hintermayr.

Die Veranstalter appellieren, nur über die offiziellen Kanäle Tickets zu kaufen. Denn bei vielen Veranstaltungen gibt es kurzfristig Restkarten über das offizielle Kartenbüro, heißt es bei den Salzburger Festspielen. viagogo selbst war für den KURIER vorerst nicht erreichbar.

Unlauterer Wettbewerb: Fifa zeigte Plattform viagogo an

Plattformen wie viagogo sind immer mehr Veranstaltern und Konsumentenschützern ein Dorn im Auge. In zahlreichen Ländern sind zuletzt Klagen gegen den Online-Marktplatz eingebracht worden.

Erst im Juni etwa hat sogar die Fifa Strafanzeige gegen viagogo erstattet. Laut dem Fußballweltverband würde die Plattform durch den Verkauf von überteuerten Eintrittskarten gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen.  Bereits im Jänner hatte die Fifa eine einstweilige Verfügung beim Landesgericht Hamburg gegen viagogo erwirkt, das damit keine Finaltickets der Fußball-WM in Rußland verkaufen darf. Donnerstagnachmittag waren dennoch welche über die Seite viagogo.de erhältlich.

Auch die Verbraucherzentrale Bayern hat im Frühling Klage wegen Verbrauchertäuschung eingebracht. In Italien war das Unternehmen wegen seiner intransparenten Preispolitik laut Medienberichten bereits 2017 zu einer Geldstrafe in der Höhe von einer Million Euro verurteilt worden. In Spanien und Neuseeland sollen die Geschäftspraktiken aktuell ebenfalls von den Behörden untersucht werden. In Großbritannien ging die Werbeaufsichtsbehörde gegen viagogo und ähnliche Plattformen vor. Auch der zuständige Minister warnte Konzertbesucher vor der Plattform.

 

Umstrittene Plattform

Das Unternehmen

Der Online-Marktplatz für Tickets wurde 2006 in England gegründet, der Firmensitz soll sich im schweizerischen Genf befinden. Die Seite viagogo.com hingegen ist im US-Steuerparadies Delaware registriert.

Geschäftspraktiken

Dem Unternehmen wird Verbrauchertäuschung vorgeworfen. Es vermittle den Eindruck einer offiziellen Kartenverkaufseite, dabei werden mitunter gar Fake-Tickets angeboten. Auch behält sich viagogo vor, Ersatztickets nach eigenem Ermessen etwa für andere Tage auszuwählen.

Kommentare