Selbstversuch in der Fastenzeit: Wie lief es ohne Zucker und Lift?

Süßes darf wieder auf den Tisch (Symbolbild)
- Zwei KURIER-Redakteurinnen probierten Fastenmethoden: Eine verzichtete auf Zucker und Salzgebäck, die andere wählte Treppensteigen statt Aufzüge.
- Das Fasten führte zu Herausforderungen und Erkenntnissen über Selbstdisziplin, ohne signifikante Gewichtsveränderungen.
- Trotz anfänglicher Schwierigkeiten wurde das Treppensteigen zur Routine, während der Zuckerverzicht nicht fortgesetzt wird.
Zwei KURIER-Redakteurinnen testeten ihre Disziplin in der Fastenzeit: Eine verzichtete auf Zucker und Salzgebäck, die andere wählte Treppensteigen statt Rolltreppen oder Aufzüge.
Elisabeth Holzer-Ottawa
Sechs Wochen sind geschafft, die Zucker- & Salzgebäck-Fastenzeit ist fast vorüber.
Und? War’s schlimm? Ganz ehrlich? – Ja. Der Entzug des Zuckers tat tatsächlich weh, auch wenn das Wort in dem Zusammenhang vielleicht zu viel scheint.
Aber es fühlte sich so an, gar nicht so sehr wegen der Schokolade und Kuchen, Chips und Nachos per se, sondern weil für mich damit etwas verknüpft ist: Der Schokoriegel mittags im Büro, der (eingebildet oder nicht) Energie gibt für den restlichen Arbeitstag. Das Knabberzeug abends auf der Couch zur Lieblingsserie, das signalisiert, jetzt ist wirklich Feierabend.

Kuchen ist (bald) wieder erlaubt
Dann lieber gar nicht
Kompensationsversuche liefen nicht so prima, Magertopfencreme mit Süßstoff ist halt kein Ersatz. Eiweißriegel, die zwar kaum Zucker aufweisen, aber Fett als Geschmacksträger nützen, haben wiederum so viele Kalorien wie zwei Rippen Milchschokolade. Da stellt sich doch ein bisschen die Sinnfrage. Dann also gleich lieber gar nichts essen, das in Richtung Süßigkeit geht.
Da Obst nicht so ganz mein Feld ist (ich mag es einfach nicht), hat der Versuch, Süßes durch allerlei Beeren zu ersetzen, auch nicht so recht geklappt.
Essiggurkerln beim Fernsehen
Leichter war immerhin das Vorhaben, Knabbersachen auszutauschen: Kennen Sie Cornichons? Diese kleine, superknackige Version der Essiggurkerln gibt es mit allerlei Gewürzen versetzt. Die knabbern sich richtig gut beim Fernsehen.
Allerdings nicht in den Mengen, die ich vor lauter Begeisterung als Chipsersatz verzehrt habe, da gab es dann zwischenzeitlich schon mal Magenschmerzen.
Und nächstes Jahr?
Damit beantwortet sich auch schon die logische Frage: Und, nächstes Jahr zur Fastenzeit wieder? Nein, eher nicht. Falls Sie sich jetzt aber fragen, ob das Fasten auch etwas auf der Waage gebracht hat – nein, leider, da hat sich nichts getan. Das war zwar nicht der eigentliche Beweggrund für den Versuch, aber ein schönes Zuckerl nach der Plagerei wäre es schon gewesen.
Das Gefühl, etwas durchgehalten zu haben, lässt sich schwer in Worte fassen – und doch ist es ein sehr kraftvolles. Die Gesundheitspsychologin Christina Beran beschreibt es so: "Man nennt es Selbstwirksamkeit – die Überzeugung, durch eigenes Handeln etwas zu bewirken, ein Ziel erreichen zu können."
- Dieses Gefühl geht oft mit Freude, Stolz, Zufriedenheit und Erleichterung einher. Es kann neue Motivation schaffen, Vertrauen in die eigene Kompetenz stärken und das Selbstbild positiv beeinflussen. Kurz gesagt: Es sind Gefühle, die mit echtem Wohlbefinden verbunden sind. Doch wie schafft man es, dranzubleiben? Beran plädiert nicht für schnelle Lösungen: "Ich mag keine Tricks oder kurze Tipps, weil Interventionen zu uns und unserem dem Ziel passen müssen."
- Die Expertin empfiehlt eine achtsame und realistische Herangehensweise: Emotionale Selbstführung, kleine machbare Teilschritte und geduldiges Durchhalten. Wenn man doch mal ins Straucheln gerät, rät sie, sich freundlich, aber zielorientiert selbst zu begegnen: "Zurück zu dem Teilschritt, der bis zum Stolpern gut ging – und beherzt weitermachen."
- Und wann wird aus dem Durchhalten schließlich eine echte Gewohnheit? Bis sich die neue Routine selbstverständlich anfühlt, dauert es meist zwei bis drei Monate regelmäßiger Wiederholung. Entscheidend ist: "Dass sich das neue Verhalten allmählich ins automatische, unbewusste Handeln einschreibt." Doch auch hier gibt es keine Einheitsregel – die Dauer kann je nach Person, Motivation und Kontext variieren.
Anna Perazzolo
Es war hart, von Anfang an. Immerhin ist der erste Fauxpas bereits am ersten Tag passiert – man erinnere sich an die ungewollte Liftfahrt. Und wie sollte es dann schon weiter gehen?
Natürlich mit Misserfolg nach Misserfolg nach – ja, wirklich – Misserfolg. Natürlich gab es zwischendurch einige erheiternde Momente. Etwa zur Hälfte der Fastenzeit, als ein Termin am Rochusmarkt auf dem Plan stand. Für die Nicht-Wienerinnen und -Wiener: Niemand benutzt dort, um von der U-Bahn-Station zur Oberfläche zu gelangen, die Treppen. Das bezeugen unter anderem die Taubennester und der Kot auf den Stufen. Aber eben nicht nur.

Am Aufzug trennten sich die Wege mit den Kolleginnen
Auch die Wiener Linien selbst interessieren sich nur mäßig für die Stufensteiger. Bei einer Fahrscheinkontrolle konnte ich ungesehen vorbeischlüpfen. Der Fokus der Kontrolleure galt rein den Rolltreppen-Passagieren.
Geheimtipp für Schwarzfahrer?
Laut einer Sprecherin der Wiener Linien stellen sich die Kontrolleure dort hin, "wo die meisten Leute sind". Ist Treppensteigen also der neue Geheimtipp für Schwarzfahrer? Wohl eher nicht. "Jetzt werden wir uns sicher hinstellen", sagt die Sprecherin.
Dieses Ereignis sowie der Aufstieg auf den Kölner Dom (533 Stufen!) und ein Trip ans Land – wo es weder Aufzüge noch Rolltreppen gibt – haben schlussendlich geholfen, die anfangs harte Fastenzeit zu überstehen. Und dann, plötzlich, war sie vorbei, schneller als gedacht. Denn in der Zwischenzeit ist etwas passiert, das an mir gedanklich vorüberging: Das Stufensteigen wurde zur Routine.
Wann es doch der Lift wird
Ich muss mich nicht mehr daran erinnern, die Treppe zu nehmen. Es geht ganz selbstverständlich. Das Stufensteigen wird also für gut befunden und weiter beibehalten.
Mit einer Ausnahme: Sechs Wochen habe ich meine Kolleginnen und Kollegen nicht davon überzeugen können, nach dem Mittagessen mit mir Stufen zu steigen. Also werde ich mich dem Druck beugen und wieder in den Lift steigen. Das gehört zum Erlebnis "Mittagessen" wohl einfach dazu.
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