ÖBB führten Fahrgast aufs Glatteis

ÖBB sucht nun Gespräch mit dem Liftbetreiber (Symbolbild)
Nach Verlassen des Bahnhofes brach sich ein Passagier den Knöchel. Der Mann klagte die ÖBB, der OGH gab ihm Recht

Es ist ein verschneiter Abend im Jänner. Klaus P. (Name geändert) kommt gegen 18 Uhr mit dem Zug in seinem Heimatort an und steigt aus. Beim Verlassen des Zuges fällt dem Fahrgast auf, dass der Boden eisig ist. Der Burgenländer entschließt sich, einen kleinen Umweg zu nehmen, um zum Bahnhofsparkplatz zu kommen. Wenige Meter, nachdem er die Station verlässt, rutscht er auf einer Eisplatte aus und bricht sich den rechten Außenknöchel.

Der Verletzte nimmt sich einen Anwalt und klagt die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) auf Schadenersatz. Insgesamt fordert Klaus P. ein Schmerzensgeld von rund 30.000 Euro. Das Landesgericht Eisenstadt weist die Klage zurück. Die ÖBB meinen, dass ein „Beförderungsunternehmen nur die unmittelbaren Zu- und Abgänge in einem gefahrlosen Zustand erhalten“ müsse. Außerdem beruft sich das Unternehmen darauf, dass der Winterdienst ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Das Oberlandesgericht Wien bestätigt das Urteil. In diesem heißt es, dass die Verkehrsbetriebe für einen außerhalb des Bahnhofsgebäudes gelegenen Weg, der auch nicht in ihrem Eigentum stehe, nicht zuständig seien.

Der Fall landet schließlich beim Obersten Gerichtshof (OGH), der das Urteil allerdings kippte: „Für das Beförderungsunternehmen besteht die nebenvertragliche Verpflichtung, die Sicherheit der Fahrgäste und ihre körperliche Unversehrtheit zu wahren. Dazu zählt etwa auch die Aufgabe, bei Auftreten von Glatteis entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung der daraus für die Fahrgäste erwachsenden Gefahren zu treffen und vor allem für die Säuberung von Eis und Schnee zu sorgen“, heißt es in dem Urteil. Eine vertragliche Verpflichtung sei bereits mit einem Einzelfahrschein gegeben. Der Kläger selbst besitzt eine Jahreskarte.

Die Entscheidung des OGH beruht auch darauf, dass ein Verkehrsunternehmen die Zugänge oder Abgänge in einem Zustand zu erhalten haben, „der die gefahrlose Benützung durch die Fahrgäste erlaubt“. Dies gelte nicht nur für den Bereich von Haltestellen.

Der OGH hatte bereits vor Jahren zugunsten einer Frau entschieden, die auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums ausgerutscht war und den Supermarkt, in dem sie einkaufen war, verklagte. Obwohl der Parkplatz einem anderen Eigentümer gehörte, gewann die Klägerin.

ÖBB evaluieren Ergebnis

Ob die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes jetzt Auswirkungen auf weitere Vorgehen der Verkehrsbetriebe hat, ist unklar. Auf KURIER-Anfrage heißt es von Seiten der ÖBB, dass es sich bei dem Fall um ein laufendes Verfahren handelt und man „keine weiteren Aussagen über etwaige Auswirkungen, Änderungen oder ähnlichem treffen“ werde.

Gleichzeitig betont man aber, dass während der Winterdienst-Saison – zwischen 1. November und 31. März – Flächen an und um Bahnhöfen und Haltestellen von Schnee, Eis und Verunreinigung gesäubert und bestreut würden.

Der Oberste Gerichtshof geht in seinem Urteil übrigens noch weiter und bindet auch U-Bahn-Stationen ein. „Bei solch einem Fall müssten wir uns das individuell anschauen“, sagt eine Sprecherin der Wiener Linien auf Anfrage. Laut dem städtischen Verkehrsbetrieb sei es derzeit rund um die Stationen sowieso „verpflichtend, einen Winterdienst zu gewährleisten“.

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