Der 26-Jährige, der vergangene Woche noch regelrechte Verkaufsvorträge im Gerichtssaal gehalten hatte, wirkte bei seinen Ausführungen über Coins, Kryptowährungen und Token diesmal bedeutend weniger im Marketing-Modus.
Angesprochen wurden auch die verschiedenen Programme, die EXW seinen Kunden angeboten haben soll. Darunter auch ein Autoprogramm, das Investoren Luxusschlitten versprach. "Das war ein Langzeitmietsystem, bei dem der Kunde mithilfe des Token bezahlen konnte", erklärte der Hauptangeklagte.
Was war der Vorteil?
Aber welche Vorteile hatte der Kunde davon, wollte Richterin Bandion-Ortner wissen. "Das verstehe nicht ganz?" Hauptangeklagter: "Der Kunde konnte mit Token bezahlen und musste sonst kein Geld in die Hand nehmen."
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Von 40.000 Kunden sollen gerade einmal 20 dieses Programm genützt haben.
Geld eingefroren
Aber konnte der Kunde sein einbezahltes Geld zu jedem Zeitpunkt zurückfordern? "Grundsätzlich war die Auszahlung aus dem Token möglich", hielt der 26-Jährige fest. Und nicht grundsätzlich, fragte die Richterin. Antwort: "Hatte das Unternehmen Teile des Token aus Liquiditätsgründen eingefroren."
Ein Grund für die Kontosperrungen sei auch Corona gewesen, erklärte der 26-Jährige. "Wurde den Kunden gesagt, dass Geld eingefroren werden kann, wenn z.B. ein böser Virus kommt?", fragte Bandion-Ortner. "Ja, in den Geschäftsbedingungen", antwortete der Klagenfurter. Diese AGBs sollen aber laut Geschädigten nicht mehr einsehbar gewesen sein.
"Wir haben klar kommuniziert, dass Totalverluste möglich sind", blieb der Hauptangeklagte auf seiner Erklärungsschiene.
"Sonst würden wir alle im Gefängnis sitzen"
Ein Video soll anderes belegen. Es soll den Hauptangeklagten zeigen , der darin ausführt, dass das einzige Risiko Geld zu verlieren darin bestehen würde, dass Geld von EXW eingesteckt wird. "Aber das passiert nicht, weil ihre Firma ja so seriös ist. Zitat: Sonst würden wir ja alle im Gefängnis sitzen, sagen sie in dem Video", führte Bandion-Ortner aus.
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Daran wollte sich der Klagenfurter nicht erinnern können. Ein angekündigter Videotag im Landesgericht soll nun die Erinnerungslücken schließen.
Stichwort Landesgericht: Dieses geht in einer regelrechten E-Mail-Flut unter, da immer mehr Opfer ihr Geld zurück wollen. Die Opfer bzw. die Opferzahl dürfte also noch ein bestimmendes Thema in dem Megaprozess werden, der mindestens bis Februar angesetzt ist.
Nie an Kunden gedacht?
Oder wie es die Richterin formulierte: Haben sie nie an die vielen, vielen Kunden gedacht?
Hauptangeklagter: "Natürlich habe ich daran gedacht, wie sich die Situation entwickeln würde. Mir wurde bei meinem Ausstieg aber suggeriert, dass man zahlungswillig sei." Zur Erklärung: Der 26-Jährige will per Dezember 2020 aus dem Unternehmen EXW-Wallet ausgeschieden und dieses komplett verlassen haben.
Lamborghini am Wörthersee zur Miete
Staatsanwätin Caroline Czedik-Eysenberg bohrte noch nach, wie Geschäftsentscheidungen getroffen wurden. Bei Besprechungen mit seinen beiden Partnern, von denen einer auf der Flucht und der andere in Auslieferungshaft in Brasilien ist.
Dabei sollen auch „Managemententnahmen“ beschlossen worden sein. Mit diesen sollen auch teure Autos finanziert. Wie ein Mercedes E-Klasse. Listenpreis: 60.000 Euro. Und Lamborghinis zur Miete. Für einige Tage in Dubai, für längere Zeit am Wörthersee.
Der gebürtige Klagenfurter und sieben weitere Männer (im Alter bis 48 Jahre) stehen wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs, Geldwäscherei, Ketten- oder Pyramidenspiel sowie krimineller Vereinigung vor Gericht.. Alle bekannten sich beim Prozessauftakt am Mittwoch nicht schuldig.
Ein Mann befindet sich in Auslieferungshaft in Brasilien, zwei weitere sind flüchtig.
In Kärnten wird der Prozess am Mittwoch fortgesetzt. Die ersten Zeugen kommen dann ab 14. November zu Wort. Darunter die Ex-Lebensgefährtin des Hauptangeklagten.
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