ESC 2026 in Wien: Die Israel-Krise ist keine Gefahr mehr

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Israels Teilnahme hatte die European Broadcasting Union (EBU) gespalten. Sogar eine Absage war im Raum gestanden. Langsam macht sich Entspannung breit.

Im ESC-Teilnehmerland Israel gibt es eine klare Formel zum Erfolg: „HaKokhav HaBa“. Die beliebte Castingshow (zu deutsch: „Der nächste Star“) bestimmt seit zehn Jahren darüber, wer das Land beim Eurovision Song Contest vertreten darf. Und jedes Mal ist Israel mindestens ins Finale eingezogen.

2018 siegte das Land sogar – mit Netta und dem Song “Toy“. Im Vorjahr belegte Israels Yuval Raphael mit „New Day Will Rise“ Platz zwei.

Gewonnen hat jedoch Österreich mit JJ und „Wasted Love“. Und der ORF erbte die Frage, wie sehr die Eskalation im Gaza-Konflikt auch den ESC berührt. Israel hatte nach dem beispiellosen Terrorangriff vom 7. Oktober 2023 mit immer größer Härte gegen die Hamas in Gaza zugeschlagen und war in internationale Isolation geraten.

Mit dem Waffenstillstand baute sich Druck ab. Reicht das?

Mit dem Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas vom 10. Oktober schien der Druck kurzfristig nachzulassen. Der ESC-Veranstalter EBU sagte eine erst zwei Wochen davor eilig angekündigte Sonder-Abstimmung über Israels Teilnahme wieder ab. „Die Kuh scheint vom Eis zu sein“, sagt ein ORF-Insider am Mittwoch zum KURIER. „Jetzt muss bei den öffentlich-rechtlichen Sendern (gemeint sind die anderen EBU-Mitglieder, Anm.) Vernunft einkehren“, urteilt ein anderer.

Die Debatte um Israel beim ESC ist nicht bloß vertagt

Die Hoffnung scheint berechtigt, denn die Debatte ist damit nicht nur vertagt, sondern auf eine andere Ebene gehoben worden: In der regulären Winter-Generalversammlung am 4. Dezember wird das Thema zwar diskutiert – aber eine Abstimmung über einen Ausschluss Israels soll nicht auf der Tagesordnung stehen.

Zudem gilt die Regel, dass bei außergewöhnlichen Entscheidungen eine Mehrheit von 75 Prozent der Mitglieder erreicht werden muss – darauf hatte der israelische Sender Kan bereits im September verwiesen.

Unklar bleibt: Wieviele Länder kommen jetzt wirklich zum ESC in Wien?

Angesichts der Tragweite des Nahost-Konflikts bleibt eine Restunsicherheit: Wie viele Länder kämen bei einer Teilnahme Israels wirklich nicht? Und vor allem: Welche? Es macht einen Unterschied, ob das kleine Slowenien absagt, oder mehrere der „Big Five“ (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien). Einige kleine Absagen werde man verkraften können, glaubt man im ORF.

Klarheit darüber, wie es mit dem ESC in Wien weitergeht, verspricht ein weiterer Stichtag: Am 10. Dezember ist die Deadline für die Teilnahme der Länder. Spätestens hier sollte sich die Lage sortieren lassen.

Die Stimmung gegen Israel kippte im heurigen Sommer

Das Thema Israel-Kritik beim ESC ist nicht neu – schon in den vergangenen beiden Jahren hatte es Proteste gegeben. Dass die Stimmung heuer im größeren Stil kippte, zeigte sich im Sommer: Boykott-Drohungen von sechs Ländern (Irland, Island, die Niederlande, Slowenien, Belgien und „Big Five“-Land Spanien) sorgten für eine nie da gewesene Spaltung in der EBU. Diese plante die – dann doch wieder abgesagte – Abstimmung über Israels Teilnahme.

Israels Ausschluss würde für Österreich schwer wiegen

Ein möglicher Ausschluss Israels würde aus Sicht des historischen Verhältnisses Österreichs mit dem Land äußerst schwer wiegen. Deutschlands Kanzler Friedrich Merz (CDU) hat bereits angekündigt, dass sein Land in dem Fall nicht teilnehmen werde. Ihm fällt die Solidaritätsgeste leichter: Merz muss in Zeiten der Budgetkrise keine 40 Millionen Euro in den Wind schießen – ungefähr soviel müsste der ORF an jenes Land überweisen, das einspringen müsste, wenn der Sender absagt.

Dieser Fall gilt trotz politischer Zurufe daher als ausgeschlossen. Unternehmerisch wäre es nicht vertretbar. Man geht in Wien übrigens auch nicht davon aus, dass die EBU irgendwann den Stecker zieht und den ESC 2026 ganz streicht.

Israel trifft bei der Castingshow für den ESC bereits Vorkehrungen

In Israel trifft man unterdessen Vorkehrungen für mögliche Troubles beim ESC. Für „HaKokhav HaBa“ wird bereits gedreht – die Show soll Mitte November on air gehen. Laut einem Bericht des großen israelischen Online-Portals Walla Tarbut wird es für die Gewinner des Wettbewerbs einen Trostpreis geben, falls Israel nicht teilnehmen darf: Eine Million Schekel (rund 261.000 Euro).

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