Erstes Duell vor Bürgermeisterstichwahl in Innsbruck: FPÖ ist das heiße Eisen
Bürgermeister Georg Willi (Grüne) und sein Herausforderer, der Ex-ÖVPler Johannes Anzengruber (JA), stellten sich am Donnerstag dem ersten Duell vor der Stichwahl am 28. April. Schauplatz: Das Stadtsenatszimmer im Rathaus, wo in den vergangenen Jahren unter den nach Proporz entsandten – aber im Falle der FPÖ zuletzt nicht amtsführenden – Stadträten jede Menge gestritten wurde.
KURIER: Sitzen hier zwei künftige Koalitionspartner am Tisch?
Georg Willi: Es sieht sehr danach aus.
Johannes Anzengruber: Jetzt ist die Bürgermeisterwahl. Dann lädt der Bürgermeister zu koalitionären Gesprächen ein. Und dann redet man mit allen, die bereit sind, konstruktiv mitzuarbeiten.
Sehen Sie denn noch eine andere realistische Alternative, als eine Koalition zwischen Ihren beiden Parteien und der SPÖ oder gibt es Alternativen zu einem klassischen Bündnis?
Willi: Meine Präferenz ist, eine stabile Koalition zu bilden. Das Wahlergebnis hat eine klare Botschaft gesendet: Die Parteien mit Blockadehaltung wurden abgewählt. Und jene Parteien, die konstruktiv für die Menschen und die Stadt arbeiten wollen, haben gewonnen. Das ist ein Auftrag an mich, es als Koalition zu machen.
Anzengruber: Den Auftrag kriegt man am 28. April von der Bevölkerung. Wir haben jetzt klare Verhältnisse, was den Gemeinderat betrifft. Wir beide sind gleich auf an Mandaten und Stadtsenatssitzen. Für mich ist klar, es braucht Stabilität. Wir stellen den Menschen und die Sache in den Vordergrund und nicht Parteitaktik. Wir sind für keine Extreme zu haben.
Sind für Sie koalitionsfreie Räume denkbar?
Anzengruber: Für mich ist wichtig, dass alle, die sich engagieren und zum Wohle der Stadt regieren wollen, mitarbeiten. Aber es braucht schon eine klare Koalition und eine Stabilität.
Würden Sie als Bürgermeister einem FPÖ-Stadtrat Ressorts zuteilen? Willi hat das verweigert.
Anzengruber: Wenn jemand konstruktiv arbeitet und das Vertrauen der Bevölkerung bekommen hat, soll man mit dem auch reden. Und wenn er reif dafür ist, zum Wohle der Stadt unparteiisch und uneigennützig zu agieren, soll man sich dem nicht verwehren.
Wäre das für Sie als möglichen Partner eines Bürgermeisters Anzengruber ein Ausschlussgrund für eine Koalition zwischen Ihnen?
Willi: Die FPÖ hat bewiesen, dass sie Positionen vertritt, die nicht im Interesse der Innsbrucker Bevölkerung sind. Die haben konsequent gegen den kommunalen Wohnbau gestimmt. Die haben vor, keine neuen Migranten zuzulassen. Was tun wir im Pflegebereich und der Gastronomie, wenn man sagt, niemand von außen soll kommen? Wir haben Migranten, die bei uns auf der Uni unterrichten. Wir brauchen Menschen von außen. Die FPÖ soll wie bisher die wichtige Aufgabe der Kontrolle machen. Aber ich sehe sie nicht in Ressortverantwortung.
Der als Bürgermeisterkandidat gescheiterte Ex-ÖVP-Staatssekretär Florian Tursky hat eine Wahlempfehlung für Sie, Herr Anzengruber, ausgesprochen. Sehen Sie das als Handreichung oder als Negativwerbung?
Anzengruber: Skurril ist das Schlagwort dazu. Damit ist alles gesagt.
Ist eine Wiedervereinigung mit der ÖVP denkbar oder sind alle Innbrücken abgebrochen?
Anzengruber: Ich bin Kommunalpolitiker. Da stellt man die Sache voran. Ich bin parteifrei und unabhängig mit meinem Team. Wir stehen für die Vielfalt, für das Wohl der Stadt und nicht einer Partei.
Also Keine Wiedervereinigung?
Anzengruber: Ich kann nicht in die Glaskugel schauen. Aber zum momentanen Zeitpunkt ist das überhaupt kein Thema.
Von allen Parteien ist wieder leistbares Wohnen versprochen worden. Wird es Vorbehaltsflächen für sozialen Wohnbau geben?
Anzengruber: Natürlich wird es die geben. Aber konstruktiv, realistisch und nicht populistisch.
Willi: Wir haben 1.750 leistbare Wohnungen übergeben. Wir haben eine neue Wohnungsvergaberichtlinie erarbeitet, die bisher blockiert wurde – übrigens auch von der Partei, der Hannes Anzengruber angehört hat. Ich habe ein ganz klares Programm, um leistbares Wohnen mit Leben zu erfüllen. Ich bin an einer Koalition interessiert, die sagt, gehen wir in die Umsetzung.
Anzengruber: Was wir brauchen, sind ganz klare Regeln, wo jeder Investor, jeder Bauträger weiß, wir werden alle gleich behandelt. Es geht darum, dass die Grundstückspreise nicht nach oben getrieben werden. Und dann kommen wieder die Eigentümer und sagen, sie haben so viel gezahlt und brauchen was. Deshalb muss vor dem Kauf klar sein, welche Dichten möglich sind. Das muss jetzt erarbeitet werden.
Willi: Das freut, mich zu hören. Aber dann erklär mir bitte, warum du bei der Innstraße 115 (Anm.: ein umstrittenes Investorenprojekt, bei dem es eine Mehrheit für einen neuen Bebauungsplan gab) ohne Not gesagt hast, da bin ich mit dabei. Das ist reinstes Betongold.
Anzengruber: Ich bin jetzt parteifrei und unabhängig. Das andere waren Klubzwänge, das ist Partei und Apparat. Das gibt es in allen Parteien. Ich bin niemandem verpflichtet, außer den Bürgern unserer Stadt. Und die haben uns das Vertrauen geschenkt.
Verkehr ist in Innsbruck stets hitzig diskutiert. Die Grünen haben mit der Idee einer autofreien Innenstadt und nahezu flächendeckendem Tempo 30 Staub aufgewirbelt. Bleibt es bei diesem Ansinnen, Herr Bürgermeister?
Willi: Ja. Der flächendeckende 30er war übrigens ein Auftrag aus dem Gemeinderat. Die Behörden haben mit der Polizei einen nachvollziehbaren Plan gemacht, welche Straßen zu 30er-Straßen gemacht werden sollen. Das liegt am Tisch, muss man nur machen. Und zum Thema Verkehrsberuhigung. Wir wissen aus Untersuchungen, überall, wo Menschen sich wohlfühlen, sind die Umsätze höher. Die Kunst ist: Auch eine Innenstadt braucht einen Ladeverkehr, es muss Taxis geben, Behinderte müssen zufahren können. Aber oberirdisch abgestellte Autos haben in der Innenstadt nichts verloren.
Für Sie denkbar?
Anzengruber: Wenn wir genügend unterirdische Plätze und Quartiersgaragen schaffen, dann ist es für mich vorstellbar. Aber nicht etwas wegnehmen und keine Alternativen schaffen. Und wir wollen in Wohngebieten unbedingt 30er-Zonen und Einbahnstraßen machen und sie so vom Verkehr entlasten – nicht nur im innerstädtischen Raum.
Aus der Altstadt ist jetzt die Forderung gekommen, die von der FPÖ forcierten und bereits beschlossenen Anti-Terror-Poller nicht zu installieren. Kommen sie?
Anzengruber: Beim Thema Sicherheit gibt es für mich keine Kompromisse. Wir haben hier eine Sicherheitslücke. Und wenn jemand sagt, wir brauchen das nicht, dann soll er groß aufschreien. Und auch die Verantwortung übernehmen, wenn etwas passiert. Populismus aus einen Sicherheitsthema zu machen und das vor einer Stichwahl.
Willi: Meine Antwort ist, keine Sicherheitspoller. Es gibt entsprechende Vorschläge dass man mit Stadtmobiliar, das durchaus so schwer ist, dass man es als Barriere werten kann, arbeitet.
Sie haben Georg Willi sechs Jahre als Bürgermeister erlebt, Herr Anzengruber, was können Sie besser als er?
Anzengruber: Das ist ganz einfach. Ich habe Führungs- und Managementqualitäten. Ich bin kein Politiker, der von einem abgebrochenen Studium in die Politik gegangen ist. Ich war im öffentlichen Dienst, ich war Unternehmer und habe gezeigt, dass ich Organisatorisches gut kann.
Willi: Ich war jetzt sechs Jahre Bürgermeister und bringe 30 Jahre Erfahrung in der Politik mit und habe gelernt, wie man oft unter schwierigen Rahmenbedingungen Mehrheiten zusammenbringt. Und entgegen der ständigen Erzählung ist in den letzten Jahren trotz vieler Krisen ein Haufen weitergegangen. Ich haben einen klaren Plan, was wir in Innsbruck brauchen, um diesen Aufbruch zu erzeugen, der in der Streiterei der letzten Jahre untergegangen ist.
Sie waren in Ihrer Jugend Ringer, Herr Anzengruber. Wie groß sehen sie die Wahrscheinlichkeit, am 28. April als Sieger auf der Matte zurückzubleiben?
Anzengruber: Es wird sehr knapp werden. Aber ich habe mich gut vorbereitet. Und das Training läuft gut (lacht).
Willi: Es wird knapp. Da bin ich ganz genau der Meinung vom Hannes.
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