Erstbefundung durch Pflegepersonal

KABEG-Vorstand Arnold Gabriel sitzt stets mit am Verhandlungstisch, wenn Kärntens Spitalsärzte mit dem Land um eine Gehaltserhöhung ringen.
KABEG-Vorstand Gabriel will weitere Aufgaben an erfahrene und diplomierte Kräfte übertragen.

Seit Wochen drohen Kärntens Spitalsärzte mit "Dienst nach Vorschrift" ab 1. Jänner 2015, wenn Land und Spitalserhalter KABEG nicht einer deutlichen Erhöhung der Grundgehälter zustimmen. KABEG-Vorstand Arnold Gabriel spricht im KURIER-Interview über die Chancen auf eine Einigung, "Sondermaßnahmen" sowie seine Rolle als ehemaliger Büroleiter des Landeshauptmanns.

Kärntens Spitalsärzte nehmen wieder Verhandlungen mit dem Land auf. Ihre Einschätzung: kommt es noch zu einer Lösung?
Gabriel:
Wenn Verständnis für berechtigte Forderungen der Ärzteschaft und andererseits für die prekäre Finanzsituation des Landes besteht, werden wir uns einigen.

Haben die Ärzte auf lange Sicht gesehen die besseren Karten?
An sich hätten wir ja durch die Gewährung von Übergangsfristen genügend Zeit bis 2021, das umzusetzen. Natürlich hat die Ärzteschaft jetzt die 48-Stunden-Woche als Druckmittel eingesetzt. Wenn es keinen Kompromiss gibt, schadet es dem Gesamtsystem – auch der Ärzteschaft. Wer am längeren Ast sitzt, ist unklar.

Wenn die Verhandlungen platzen: Sehen Sie die 48-Stunden-Woche als Streik oder als Wahrung der Ärzterechte?
Von Streik kann man nicht sprechen, es ist ja ein Rechtsanspruch. Daher haben wir uns auf dieses Szenario rechtzeitig vorbereitet. Wir werden in Bereichen, wo wir mit hohen Überstunden gearbeitet haben, Sondermaßnahmen setzen.

Die wie aussehen?
Wir müssen Bereiche festsetzen, die zu Kernleistungen eines Spitals zählen. Wir müssen Leistungen der Spitäler wieder in den niedergelassenen Bereich bringen, um Ambulanzen zu entlasten. Dort gibt es Leistungsbeschränkungen – wenn wir diese Limits anheben , könnte dieser Bereich Leistungen übernehmen. Und in den Spitälern werden natürlich nicht alle Bereiche aufrecht zu erhalten sein. Die Longdays beispielsweise, also längere Bespielungen von OP-Kapazitäten, müssen wir einschränken. Es werden auch Kerndienstzeiten einzuschränken sein, bis wir den Übergang geschafft haben. Es werden außerdem Möglichkeiten geprüft, weitere Tätigkeiten zum gehobenen Pflegepersonal zu übertragen. Ersuntersuchungen und Erstbefundungen können, wie es international üblich ist, von diplomiertem, erfahrenem Pflegepersonal übernommen werden. Es wird einen Austausch von ärztlichem Personal und Pflegepersonal kommen.

Zentralbetriebsrat Arnold Auer spricht von 80 Pflegestellen, die in Kärnten derzeit fehlen.
Diese Zahlen sind nicht verifiziert. Aber wir haben ein Belastungsproblem beim Pflegepersonal und werden etwas unternehmen – im zweistelligen Bereich.

Ärzte erhalten vielleicht eine Gehaltserhöhung und das Pflegepersonal trotzdem noch mehr Arbeit. Besteht nicht die Gefahr, dass die Pflegekräfte auch auf die Barrikaden steigen?
Ich spiele nicht Berufsgruppen untereinander aus. Es muss eine enge Verzahnung von Pflege und Medizin geben. Der Überstundenanteil im Pflegebereich ist ja geringer, aber die Intensität der Arbeit ist in den letzten Jahren gestiegen – dem muss man Rechnung tragen.

Wie viele Ärzte benötigt Kärnten?
Wir müssen in jedem Fall Personal aufbauen, wir wollen die 48-Stunden-Regelung ja sowieso bald einhalten. Jetzt müssen wir natürlich schneller handeln. Ich möchte nicht verhehlen, dass wir das Personal nicht von heute auf morgen finden werden.

Wie gehen Sie eigentlich mit dem Vorwurf, dass Sie als KABEG-Vorstand nicht immer nur das Wohl der Ärzte im Hinterkopf hätten, sondern als ehemaliger Büroleiter von Landeshauptmann Peter Kaiser auf dessen Seite stehen würden?
Diese unseriöse Kritik kommt nur von wenigen Personen. Mich verbindet mit dem Landeshauptmann eine jahrelange Freundschaft. Aber die andere Ebene ist, dass ich als Vorstand Eigentümerinteressen, aber auch Interessen der gesamten Belegschaft wahrzunehmen habe. Es geht natürlich weiters um die Verwaltung der eingesetzten Steuermittel. Ich habe vom Eigentümer vorgegebene Budgetmittel und da sind etwaige Gehaltsanpassungen nicht abgedeckt.

Ist ein österreichweit einheitliches Gehaltsschema die Lösung?
Ich plädiere dafür, bin aber soviel Realist, dass ich die Realisierungschance als gering einstufe. Wir haben die Situation, dass Bundesländer untereinander konkurrenzieren. Daher orientieren wir uns am steirischen Modell, um im Wettbewerb bestehen zu können.

Angenommen am 1. Jänner kommt der Dienst nach Vorschrift mit Wartezeiten bis zu einem Jahr bei geplanten OPs. Wird die Bevölkerung auf Seiten der Ärzte oder auf Seiten des Spitalerhalters stehen?
Die Stimmung in der Bevölkerung ist gespalten, wie viele Leserbriefe zeigen. Wenn es in der Übergangsphase da oder dort Wartezeiten geben wird, wird die Bevölkerung das verstehen, wenn man sie informiert.

Wegen einer gesetzlichen Verkürzung der maximalen Wochenarbeitszeit von Ärzten auf 48 Stunden fürchten Spitalsärzte massive Einkommenseinbußen, weil die Grundgehälter bisher vergleichsweise niedrig waren und ein großer Anteil des Geldes mit Überstunden und Zulagen verdient wurde.

Die Kärntner Spitalsärzte fordern daher seit Monaten eine Erhöhung der Grundgehälter mit 1. Jänner 2015. Am 13. November beteiligten sich 500 Mediziner an einer Demonstration in Klagenfurt, die unter dem Motto „Und lenkt die Politik nicht ein, wird Kärnten ohne Ärzte sein“ stattfand.

Das Land Kärnten bot eine 15-prozentige Erhöhung der Grundgehälter, aufgeteilt auf vier Jahre. Dieser Vorschlag wurde von der Ärzteschaft abgelehnt. Daraufhin besserte das Land nach und bot die Erhöhung sofort ab 1. Jänner 2015. Das Volumen dieses Kompromissvorschlags lag bei 13,5 Millionen Euro. Auch dieser wurde abgeschmettert.

Daraufhin beschloss das Land, ein neues Gehaltsschema für die Mediziner auszuarbeiten, das dem Volumen der 13,5 Millionen entspricht. Die Ärzte haben ihrerseits ebenfalls einen neuen Vorschlag vorbereitet, der nächste Woche bei einem Treffen auf den Tisch kommt.

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