Energetiker und Esoteriker: Die Suche nach der „Geldader“
Die Anzahl der Energetiker in Österreich wächst permanent. Jedes Jahr registriert die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) mehr. 2017 waren es 18.000 in Österreich, 3000 davon in Wien. Der Autor des Buches „New Cage: Esoterik 2.0“, Johannes Fischler, sagt, dass in Österreich rund zwei Milliarden Euro jährlich für das Thema ausgegeben werden. Ein Riesen-Geschäftszweig also. Vollzeit leben können von der Energetik aber nur wenige, heißt es bei der WKO. Viele üben sie im Nebenberuf aus.
Auch Hans Janisch fing zuerst nebenbei mit dem Wünschelrutengehen an. Er hatte eine hohe Position in einer Bank. Nachdem es aber einen Krankheitsfall in seiner Familie gab, begann er, sich tiefergehend mit der Wünschelrute auseinanderzusetzen. Vor 25 Jahren wagte er dann den Schritt und kündigte seinen Job bei der Bank. Seither war er auf der ganzen Welt als Wünschelrutengeher unterwegs – von Indien bis Frankreich.
Aktuell ist er in Wiener Neudorf (Bezirk Mödling) in Niederösterreich im Einsatz. Dort soll auf einem freien Grundstück inmitten einer Wohnsiedlung ein Inhalatorium entstehen. „Es ist ein Oktogon, wo Salzwasser über Tannenreisig geführt wird und somit der Erleichterung der Atmung dient“, sagt Robert Bauer, Zuständiger beim Bauamt. Die Marktgemeinde lässt sich das insgesamt 250.000 Euro kosten.
„Die 800 Euro, die der Herr Janisch verlangt, waren da ein Tropfen auf dem heißen Stein – und wenn wir dieses Projekt schon machen, dann richtig“, sagt Bürgermeister Herbert Janschka ( ÖVP).
„Überprüfbar“
Janisch hat verschiedene Wünschelruten – aus Kunststoff, aus versilbertem Messing, rund oder eckig gebogen, verbunden oder getrennt. Während Janisch das Grundstück zielstrebig abschreitet, registriert er immer wieder, dass die Ruten reagieren, indem sie sich im Kreis zu drehen beginnen. An diesen Punkten setzt er Holzpflöcke in den Boden und markiert so jene Bereiche, auf denen das Salettl nicht gebaut werden sollte.
„Wo Wasseradern oder Erdstrahlen sind, verweilen Menschen nicht gerne“, erklärt er. Erstere sollen durch die Reibung von unterirdisch fließendem Wasser entstehen, zweitere durch Erzvorkommen im Erdreich. Lebewesen reagieren laut Janisch mit einer Reduktion des Immunsystems darauf.
Seine Arbeit sei überprüfbar: „Ich spüre Wasseradern auch auf, um Brunnen zu bauen. Wenn ich keinen Erfolg hätte, würde ich nicht gebucht werden.“ Dass beim Krankenhaus Nord 95.000 Euro für einen Energiering verlangt wurden, ärgert Janisch: „Eine ganze Branche, die Steuern zahlt und seriös arbeitet, wurde damit in den Schmutz gezogen.“
„Esoterik-Wahnsinn“
Autor Fischler, der sein Buch 2013 herausgebracht hat, wundert es hingegen nicht, dass solch eine Summe hingeblättert wurde. „Der esoterische Wahnsinn hat im Verlauf der vergangenen 20 Jahren Einzug in die gesellschaftliche Mitte gefunden, sodass nur noch die großen Projekte überhaupt registriert werden – und nicht all die anderen Ausgaben im Alltag“, sagt Fischler. Und weiter: „Wenn der Placebo-Effekt funktioniert und eine vermeintliche Heilung eintritt, kann ich mir einreden, dass der ganze Blödsinn stimmt. Danach glaube ich, dass es gute und schlechte Energien gibt und dann geht das Geschäft erst richtig los – Schutzgeld für Schutzengel.“
Er sieht keinen Unterschied zwischen Esoterik und Energetik. „Beim Gewerbeschein bin ich zweigeteilt, es ist auf jeden Fall einfacher, es bezüglich der Steuern zu handhaben. Trotzdem ist es ein totaler Wahnsinn, dass es legitimiert wird. Das Phantasma nimmt Überhand, man trifft Entscheidungen, bei denen Geld aus dem Fenster geworfen wird“, fährt er fort.
„Ich sehe das nicht so gefährlich. Es gibt eine klare Definition. Der Energetiker hilft bei der Herstellung einer körperlichen inneren Ausgewogenheit auf einer feinstofflichen Ebene. Das ist jene Ebene im Körper, die nicht materiell determiniert ist“, sagt Wolfgang Jaspers, Branchenvertreter bei der WKO. Und: „Esoteriker aber gibt es nicht, es ist kein Gewerbe, nur ein Sammelbegriff im Volksmund, unter den Mystisches fällt. Wenn es jemandem hilft, zum Energetiker zu gehen, soll er es machen. Es ist jedermanns persönliche Entscheidung.“
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