Elektroautos: Wo der Strommotor noch stottert
Für die Steckdose zu Hause reicht das Kabel, mit dem der Plug-in-Hybrid ausgeliefert wurde. Aber an einer der öffentlichen Ladestationen in Graz steht Unternehmer Oliver Pink stromlos da: Um dort zu laden, braucht es einen eigenen Stecker, Typ 2 genannt.
Das fehlende Kabel war nur eine der Hürden, die der Besitzer eines Toyota Prius zu nehmen hatte. Zuvor musste er erst einmal herausfinden, wo denn E-Tankstellen stehen, doch die Listen im Internet variieren. Tatsächlich fehlt noch eine einheitliche Aufstellung für das gesamte Bundesgebiet: Sie wird derzeit erst von der eControl erstellt.
1500 Euro schießt der Staat für den Kauf eines Hybridautos zu allerdings wird nur die Hälfte direkt beim Händler vom Kaufpreis abgezogen. Die andere Hälfte musste der Weststeirer aktiv beantragen, und er musste nachweisen, dass er zu Hause Strom aus erneuerbaren Quellen bezieht und das zu 100 Prozent. "Die Förderung gibt’s nur dann. Mein Anbieter musste das eigens bestätigen", beschreibt Pink. "Wäre das nicht möglich gewesen, wäre ich um das Geld umgefallen oder hätte den Anbieter wechseln müssen." Das sei etwas mühsam, befindet der Unternehmer.
Stimmt schon, bestätigt eine Sprecherin des Infrastrukturministeriums. "Aber der Anspruch ist ja, dass diese Fahrzeuge umweltfreundlich sind. Da ist es schon relevant, wo der Strom herkommt." Es stehe ja jedem Kunden frei, Tarife und Anbieter zu wechseln.
Plaketten wechseln heißt es auch dann, wenn es um das Parken geht. Mehrere Gemeinden bieten Besitzern von Elektro- und Hybridwagen ein Zuckerl an, kostenloses Parken nämlich. Die Stadt Graz hat das im Angebot, Klagenfurt ebenfalls, Linz oder Krems auch. Während reine E-Autos an eigenen, grünen Kennzeichen erkennbar sind, brauchen Hybriden Park-Pickerl. Die sind in der jeweiligen Gemeinde extra zu beantragen. "Wenn ich viel herumkomme, habe ich dann bald die Windschutzscheibe voll", kommentiert der Steirer.
Doch auch die grüne Nummertafel schützt nicht vor Bürokratie: Der Grazer Magistrat fordert auch für E-Autos eine Plakette. Im niederösterreichischen Krems fällt das zwar weg, doch es wird empfohlen, eine Kopie der Zulassung hinter die Windschutzscheibe zu legen. "Das sollte man einheitlich regeln", regt Oliver Pink an und rennt damit im Ministerium offene Türen ein. "Unser Appell ist natürlich, das so unbürokratisch wie möglich zu machen", heißt es.
Vier Euro pro Tank
Sänger und Moderator Volker Piesczek hatte diese Schwierigkeiten nicht. Er fährt seit drei Jahren ein reines E-Auto, einen Nissan eNV 200 mit 150 Kilometern Reichweite. "Eine Tankfüllung kostet mich um die vier Euro. Auch sonst ist das Auto in der Erhaltung günstig, ich musste seit dem Kauf noch nie zum Service", sagt Piesczek. Aber natürlich gehe es primär nicht um die Kosten, sondern vielmehr darum, mit einem guten Gewissen zu fahren:"So weiß ich genau, dass ich keine ölfördernden Nationen und Konzerne unterstütze. Das gibt mir ein gutes Gefühl."
Probleme im Umgang mit dem E-Auto kennt Piesczek nicht. "Natürlich muss man die Routine verändern, aber das ist kein Problem. Wenn man belächelt wird, weil man ein E-Auto fährt, dann sollte man die Leute einfach einmal fahren lassen – dann lacht keiner mehr."
Über eine App sehe er jederzeit Parkplätze mit E-Tankstellen in Wien. Über Nacht wird das Auto zu Hause am Ökostrom aufgeladen. "Dafür habe ich eine ganz normale Steckdose." Fährt der Moderator längere Strecken, wie nach Graz, macht er eine halbe Stunde bei der Ladestation in Schottwien Halt.
Für die Anzahl an E-Autos gibt es laut dem leidenschaftlichen E-Nissan-Lenker derzeit auch genügend Lademöglichkeiten. "Ich träume aber davon, dass in einigen Jahren jeder Parkplatz eine Ladestation hat", sagt Piesczek.
37.530 Autos, die vollständig oder teilweise mit Strom fahren, sind derzeit in Österreich zugelassen (Stand 31. August). Bisher wurden heuer laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) 3619 reine Elektroautos und 5470 Hybrid-Pkw (können mit Batterie oder Benzin fahren) neu zugelassen.
Nimmt man das erste Halbjahr 2017, betrug der Anteil der ausschließlich mit Strom betriebenen Wagen unter den Neuanmeldungen 1,4 Prozent. Das mag auf den ersten Blick nicht viel aussehen, aber Österreich liegt damit gemeinsam mit den Niederlanden an der Spitze innerhalb der EU: Frankreich und Schweden melden Anteile von 1,2 Prozent, Deutschland dagegen gar nur 0,5 Prozent. Der EU-weite Durchschnitt lag bei 0,6 Prozent. In der EU wurden somit bis Ende Juni 46.242 Elektroautos neu zugelassen.
Ungeschlagen in Europa ist allerdings das Nicht-EU-Mitglied Norwegen: 19,1 Prozent aller im ersten Halbjahr 2017 neu gemeldeten Autos sind E-Pkw. Das hat laut VCÖ mit der Verkehrspolitik des Staates zu tun sowie mit den dort erhöhten Steuern auf fossile Treibstoffe.
In Österreich gibt es für den Kauf von Elektroautos 4000 Euro Zuschuss, bei Hybriden 1500 Euro. Förderungen von bis zu 10.000 Euro gibt es auch für die Errichtung von öffentlichen Ladestationen.
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