Eine Gondelfrage für die Grazer

So könnte die Gondelbahn aussehen
Abstimmung über Seilbahn kommt, doch ÖVP-FPÖ-Koalition will sich nur bei Mindestteilnahme an das Ergebnis binden.

Bis 1971 war alles noch ganz klar. Entweder der Grazer wanderte auf den Plabutsch oder er fuhr zum Fürstenstand, dem höchsten Punkt. Nicht mit Auto oder Fahrrad, sondern mit dem Sessellift.

Fast 50 Jahre später ist die Diskussion um den mehr als 700 Meter hohen Berg am Stadtrand wieder dort angelangt, wo sie 1971 endete: bei der Aufstiegshilfe. Die schwarz-blaue Regierungskoalition will eine Gondelbahn bauen lassen, die über den Berg gleich einmal auch die Nachbargemeinde Thal erschließt. Voraussichtliche Kosten: 38 Millionen Euro.

„Das ist ein Leuchtturmprojekt. Da geht es um echte Naherholung und nicht um Eventmanie“, versichert Bürgermeister Siegfried Nagl am Donnerstag. Allerdings ist der ÖVP-Stadtchef doch hörbar verschnupft, politisch: Die Opposition aus KPÖ, Grünen und SPÖ hält die Gondel für ein zu teures Prestigeprojekt und droht mit Volksbefragung.

Eine Gondelfrage für die Grazer

Der Betrieb des Sessellifts wurde 1971 eingestellt

Umkehrschwung

Um dem zuvorzukommen, kündigen Nagl und sein FPÖ-Vize Mario Eustacchio am Donnerstag überraschend selbst eine Volksbefragung über den Bau an. Bisher waren sie dagegen. „Aber ich lass’ mir das Projekt nicht schlechtreden“, begründet Nagl den Umkehrschwung. „Die linken Parteien erzählen Schauergeschichten und Ammenmärchen. Doch die Grazer werden das durchschauen.“

Die Befragung soll jedoch erst stattfinden, wenn die Detailplanung sowie die Behördenverfahren abgeschlossen sind. Voraussichtlich Anfang 2020 dürfte die Abstimmung demnach stattfinden. Sie selbst kostet rund 50.000 Euro, die Planung für die Seilbahn bis dahin 500.000 Euro.

Ginge es nach Nagl, gäbe es ein Online-Voting. Aber dafür müsste das Land Steiermark erst einmal den rechtlichen Weg dorthin ebnen. Ob aber klassisch analog mit Papier und Stift oder digital: Nagl und Eustacchio pochen darauf, dass es eine Mindestteilnehmeranzahl geben müsse. „Es braucht ein Mindestquorum, damit wir das ernst nehmen“, kündigt Nagl an. „Nach meiner Meinung müssen das mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten sein.“ Erst dann sei ein eventuelles Nein für ihn bindend. „Sonst setzen wir das Projekt fort. Auch das ist Demokratie.“

Die Opposition sieht sich bestätigt. KPÖ-Chefin Elke Kahr will jedoch früher abstimmen lassen, SPÖ-Obmann Michael Ehmann wünscht sich mehr Mitbeteiligung schon im Vorfeld und nicht nur eine „Ja-Nein-Fragestellung“ über ein fertiges Konzept. Grünen-Obfrau Judith Schwentner hält die geforderte Mindestbeteilung für bedenklich.

Das Ja der Grazer vorausgesetzt, könnte die Gondel 2022 in Betrieb gehen. Kalkuliert wird mit 140.000 Passagieren pro Jahr, die Ticketpreise dürften sich an jenen der Schöcklseilbahn orientieren, derzeit 14 Euro. Der alte Sessellift transportierte zwischen 1954 und 1971 rund 1,1 Millionen Menschen auf den Plabutsch. Der private Besitzer konnte sich den Betrieb dann aber nicht mehr leisten, offizielle Zuschüsse blieben aus. Erst in den 1990er-Jahren wurden die Reste der Bergstation abgebaut.

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