Ein neuer Flughafen für den ÖAMTC
Ich war vor einiger Zeit in einem unserer Prüfzentren", erklärt ein Mitarbeiter des konkurrierenden Automobilclubs ARBÖ. "Daneben entstand gerade ein neues vom ÖAMTC. Das war echt toll, unseres ist im Vergleich dazu eine Hundehütte."
Das bringt die Sache auf den Punkt. Während der ARBÖ seit Jahren auf Sparkurs unterwegs ist und sogar einen Landesclub in die Pleite schickte, blühen die "gelben Engel" auf wie nie zuvor. Dieser Tage wird erstmals die Grenze von zwei Millionen Mitgliedern durchbrochen, das sind vier Mal so viele wie beim ARBÖ.
3400 Mitarbeiter
Der Verein wurde 1946 durch Vereinigung des Touring-Clubs und der Österreichischen Automobilclubs gegründet. Es ist der siebentgrößte Automobilclub der Welt und gilt als der reichste Verein Österreichs. Wie viel Rücklagen der Club hat, weiß offiziell niemand. Tatsächlich ist er in sieben Landesvereine und elf Betriebe aufgeteilt. Da ein Verein keinen Gewinn machen darf, muss das übrig gebliebene Geld jedes Jahr reinvestiert werden – in Immobilien oder eben eine neue Club-Zentrale. In diesen Gebäuden und Grundstücken stecken Millionen Euro.
Die Shops an den Standorten, die Fahrtechnikzentren, die Versicherungssparte und das Reisebüro nehmen in Summe jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag ein. Dazu wurden die Hubschrauber (17 Standplätze) und die Fahrtechnikzentren (14 Stück) ausgebaut. Während der deutsche ADAC jährlich seine Gesamtbilanz veröffentlicht, spricht der ÖAMTC nicht gerne über Geld. "Es gibt keine rechtliche Grundlage für eine Gesamtbilanz", sagt Verbandsdirektor Oliver Schmerold.
Stiller Netzwerker
Dass der ÖAMTC zunehmends zum Konzern wird, will man dort nicht so sehen – nur "was die Professionalität und die Mittelverwendung betrifft". Tatsächlich ist der Club in den vergangenen Jahren immer mehr zum stillen Netzwerker geworden. Vorbei ist die Zeit als etwa ein Experte des Vereins (im Jahre 2007) den Lobau-Tunnel als "potenzielles Massengrab" einstufte. Tagelang beherrschte dies die Medien. Anschließend musste von der zerknirschten Asfinag ein Pannenstreifen eingeplant werden. In den 90er- und Nuller-Jahren fragten Minister noch in vertraulichen Gesprächen bei Medienvertretern nach, ob man wisse wie der ÖAMTC über dieses oder jenes denke, denn das wäre entscheidend, ob es dann wirklich umgesetzt wird.
In den vergangenen Jahren ist die mediale Aufmerksamkeit stark zurückgegangen. Doch weniger wichtig ist der Club nicht geworden. Besonders die hochqualifizierten Rechtsexperten sind wichtiger Bestandteil aller ministeriellen Arbeitsgruppen. Während man bei manchen Fachleuten den Eindruck hat, dass es ihnen nur um ihr Geschäft geht, sind die ÖAMTC-Leute allseits geschätzt. Im Vorjahr errang der Club einen Erfolg gegen Tacho-Manipulation, auf Druck des Clubs wird eine Datenbank für die Kfz-Kilometerstände erstellt. Den Erfolg zu präsentieren überließ man allein Verkehrsminister Alois Stöger. So leise wäre der ÖAMTC früher nicht gewesen.
Einen Chefsessel sucht man bei ÖAMTC-Verbandsdirektor Oliver Schmerold vergeblich. Der 45-Jährige arbeitet an einem Stehpult, seine Besucher empfängt er an einem quadratischen Tisch. Ein Gespräch über Finanzen, Autofahrer-Demos und eigene Fahrschulen.
KURIER: Der ÖAMTC nennt sich seit einigen Jahren Mobilitätsclub, was genau bedeutet das?
Schmerold:Das heißt, dass der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht das Verkehrsmittel. Das ist die wesentliche Weiterentwicklung.
Ist die Interessensvertretung überhaupt noch wichtig?
Ja klar. Ein gewisser Anteil unserer Mitgliedsbeiträge wird dafür verwendet. Derzeit machen wir viel beim Datenschutz, weil die neuen Autos immer mehr Daten generieren. Aber die Daten müssen im Besitz des Lenkers bleiben.
Früher hat der ÖAMTC damit gedroht, dass er den Ring lahmlegt, wenn Forderungen an die Politik nicht erfüllt werden.
Das machen heute ohnehin andere (Lacht.)
Aber der ÖAMTC ist leiser geworden.
So würde ich das gar nicht nennen. Eher: zeitgemäßer. Natürlich könnten wir den Ring lahmlegen. Oder die Südost-Tangente. Aber wem schaden wir damit? In erster Linie unseren Mitgliedern. Wir müssen uns anders Gehör verschaffen. Wir haben zum Beispiel 35.000 Mails gegen die Erhöhung der Mineralölwirtschaft gesammelt, mit Erfolg. Demos sind für Randgruppen, die mit 100 Leuten auf sich aufmerksam machen müssen.
Der ÖAMTC hat so viele Mitarbeiter wie BIPA oder Lidl und baut eine riesige Zentrale. Ist der ÖAMTC nun ein Konzern?
Im Sinne der Professionalität oder unserer Mittelverwendung, ja. Da brauchen wir uns vor keinem Konzern verstecken. Aber wir sind kein Konzern, weil wir eine Non-Profit-Organisation sind. Es gibt keinen Eigentümer, der eine Rendite erwartet.
Der deutsche ADAC veröffentlicht jährlich eine Bilanz, der ÖAMTC hingegen nicht.
Es gibt keine Bilanz des ÖAMTC, weil wir eben kein Konzern sind. Es sind sieben eigenständige Vereine. Jeder bilanziert für sich und hat Wirtschaftsbetriebe nachgelagert, etwa für Versicherungen. Es gibt auch keine Rechtsgrundlage für eine Gesamtbilanz.
Wohin kann der ÖAMTC noch expandieren? Man hört immer wieder von Fahrschulen.
Nein, wir werden keine Fahrschulbetreiber. Das wäre mit unserem Vereinsstatut nicht abgedeckt. Wir wachsen bei den Mitgliederzahlen. Wir sehen 2,4 bis 2,5 Millionen in den nächsten zehn bis 15 Jahren.
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