Dschihadisten-Prozess in Graz: Angeklagter gab sich unwissend
Im Grazer Straflandesgericht hat am Dienstag der erste von mehreren Prozessen gegen mutmaßliche Jihadisten begonnen. Ihm wird die Mitgliedschaft in der Terrormiliz IS sowie die Rekrutierung weiterer Mitglieder vorgeworfen. Er bezeichnete sich selbst als "schwachen und milden Gläubigen". Der Ankläger sah das anders: "Es geht nicht um Religion, sondern um politische Ideologie, und die ist massiv faschistisch."
Viele Polizisten, wenige Zuschauer
Rund um das Gericht waren zahlreiche Polizisten der Cobra und von anderen Sondereinheiten verteilt, ebenso im Inneren des Gebäudes. Sämtliche Besucher wurden zwei Mal genau kontrolliert, Bild- und Tonaufnahmen waren im Verhandlungssaal ebenso verboten wie der Gebrauch von Handys. Vor Prozessbeginn wurde der Saal dann nochmals mit einem Sprengstoffhund kontrolliert. Es waren allerdings außer einem Dutzend Journalisten nur einige wenige Zuschauer erschienen.
Der Weg zum Islam
Der Beschuldigte, der sehr streng bewacht wurde, musste sich wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation verantworten. Der Staatsanwalt schilderte zu Beginn ausführlich, wie der Beschuldigte, der im kommunistischen Jugoslawien aufgewachsen war, zum Islam gefunden hatte. Er besuchte Veranstaltungen von verschiedenen Glaubensvereinen und hörte dabei auch Mirsad O. alias Ebu Tejma, der als eine der Schlüsselfiguren und Prediger für den "Islamischen Staat" (IS) in Österreich gilt und der selbst in Graz ab 22. Februar vor Gericht steht.
"Die IS-Ideologie ist eine typisch faschistische Ideologie mit Führerkult"
Laut Anklage interessierte sich der Bosnier schon bald für radikale Richtungen: "Die IS-Ideologie ist eine typisch faschistische Ideologie mit Führerkult", meinte der Staatsanwalt. Er beschrieb, wie sich der Angeklagte seiner Meinung nach ganz gezielt darauf vorbereitete, nach Syrien zu gehen und für den IS zu kämpfen. Außerdem soll er einem Bekannten entsprechende Kontakte vermittelt haben. Im Dezember 2014 wurde der Angeklagte auf seinem Weg nach Syrien in der Türkei gestoppt und schließlich in Kroatien festgenommen, da mittlerweile ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vorlag.
"Nur Bekanntschaften"
Der Verteidiger betonte, es reiche nicht, "eine kleine Spur zum Angeklagten zu haben, um ihm alle Gräueltaten des IS anzuhängen." Es sei richtig, dass sich sein Mandant für den Krieg in Syrien interessiert und sich auch Material beschafft habe, aber konkrete Verbindungen habe es keine gegeben, "nur Bekanntschaften". Der Beschuldigte selbst leugnete alles: "Ich habe niemanden geschickt oder geholfen, ich bin kein Mitglied von terroristischen Organisationen oder Netzwerken." Dann kam sehr ausführlich seine Kindheit und Jugend zur Sprache. 1998 unternahm er eine Pilgerfahrt nach Mekka "und da habe ich gefunden, das ist mein Weg", schilderte der Angeklagte.
Angeklagter gab sich unwissend
Er gab sich aber durchwegs unwissend, was radikale Gruppierungen oder Ziele betrifft: "Ich würde mich als schwachen und milden Gläubigen bezeichnen", formulierte er es selbst. Begriffe wie "Heiliger Krieg" oder "IS" seien für ihn nur "Namen, aber ich weiß nicht viel davon", sagte der Beschuldigte, der sich laut Anklage dem IS als Kämpfer anschließen wollte. "Gibt es einen Heiligen Krieg?", wollte der Richter von ihm wissen. "Ich weiß es nicht", antwortete der Befragte. "Was bedeutet für Sie IS?", ließ der Vorsitzende nicht locker. "Ein Name, aber ich weiß nicht viel davon", meinte der Angeklagte. Auf die Frage, ob er meine, dass zur Durchsetzung von Religion Gewalt zulässig sei, antwortete er: "Ja, schon."
Der Prozess wird am Donnerstag um 9.00 Uhr mit der weiteren Befragung des Angeklagten fortgesetzt. Die Zeugen sollen erst an den beiden Verhandlungstagen im März gehört werden. Insgesamt sind in vier Verfahren in Graz gegen mutmaßliche Jihadisten 13 Personen angeklagt.
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