Die Schwäche der Peripherie ist in der Corona-Krise ihr Vorteil

Osttirol – hier die Bezirkshauptstadt Lienz – ist Nachbar von Italien. Trotzdem gab es hier nur 140 Corona-Fälle
Zersiedelte Regionen mit sanftem Tourismus sind weniger stark von Covid-19 betroffen - selbst im Corona-Hotspot Tirol

Die steilen Hänge und engen Täler des Tiroler Oberlands waren lange bitterarme Regionen, in denen Bergbauern ein karges Dasein fristeten. Der Wohlstand kam mit dem Massentourismus, der nun den perfekten Nährboden für die Ausbreitung des Coronavirus geboten hat.

Kein anderer Bezirk in Österreich ist derart durchseucht wie Landeck, zu dem die Quarantäneregionen des Paznauntals mit Ischgl und der Arlbergregion mit St. Anton gehören. Der Bezirk ist österreichweit Spitzenreiter bei den absoluten Covid-19-Fallzahlen (960). Und das bei nur 44.000 Einwohnern.

Tirol führt auch als Bundesland die Statistik bei den bisher positiv Getesteten an und ist somit als Ganzes Epidemie-Hotspot. Die Peripherie kam bislang aber besser durch die Krise. Hinter dem Felbertauern zeigt sich das in Osttirol, das ansonsten unter seiner geografischen Abgeschiedenheit vom restlichen Tirol und der Strukturschwäche der Region leidet.

Trotz einer gemeinsamen Grenze zum Covid-19-Herd Italien gab es in Osttirol bisher nur 140 Corona-Fälle. „Wir haben einen anderen, sanfteren Tourismus und eine geringe Bevölkerungsdichte“, erklärt sich das Elisabeth Blanik, Ex-Chefin der SPÖ Tirol und Bürgermeisterin der Bezirkshauptstadt Lienz.

Nahezu unberührt

Ein Beleg für diese These ist der zweite periphere Bezirk Tirols. Im strukturschwachen Reutte hinter dem Fernpass ist die Lage noch entspannter als in Osttirol. Hier wurden bis jetzt nur 55 Corona-Fälle gezählt.

Zersiedelung und ein Tourismus, der ohne Massen auskommt, kennzeichnen beide Regionen. In Zeiten der Epidemie offenkundig ein Vorteil. „Ich hoffe, dass das nun ein Zeichen dafür ist, sich politisch nicht nur auf die Ballungsräume zu konzentrieren und diese immer weiter wachsen zu lassen“, sagt Blanik.

In Salzburg stechen ebenfalls Bezirke mit sanftem Tourismus mit deutlich geringeren Fallzahlen hervor. Sowohl der Tennengau im Süden der Landeshauptstadt als auch der abgelegene Lungau haben deutlich geringere Zahlen an Erkrankten als etwa Pongau und Pinzgau, sowohl absolut als auch im Verhältnis zur Bevölkerung.

Die beiden großen Tourismusregionen hatten jeweils weit über 300 Erkrankte – der Tennengau aber nur 66, der Lungau gar 22. Manfred Sampl, Präsident des Regionalverbandes Lungau, glaubt nicht, dass das Zufall ist. „Wir sind dünn besiedelt, es gibt viel Fläche für wenige Menschen“, sagt er, und nennt ebenfalls den sanften Tourismus als Vorteil.

In Tirol infiziert

Strukturschwäche und ein Wintertourismus ohne Massen prägen auch Kärnten, das als Bundesland weitestgehend verschont blieb. Und das, obwohl Italien vor der Haustür liegt. Hermagor ist gar der am wenigsten betroffene Bezirk Österreichs: Hier gibt es bisher nur fünf Fälle. Und die haben sich alle beim Skifahren in Tirol infiziert.

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