Die Quittung als ständiger Begleiter: Kunden fühlen sich schikaniert

Nicht jeder der Kunden nimmt den Beleg von Trafikantin Helga Hauser entgegen. Der Großteil landet im Müll.
Kunden sind verpflichtet, Beleg mitzunehmen; bei Missachtung droht aber keine Strafe.

"Hier haben Sie die Rechnung", sagt Trafikantin Helga Hauser. "Die brauch ich nicht, danke", antwortet die Kundin. "Die müssen Sie jetzt aber immer mitnehmen", entgegnet die Unternehmerin. Es folgt ein fragender Blick. "Und warum?" "Das ist jetzt Gesetz." "Aha", stammelt die Kundin, nimmt den Beleg und fügt hinzu: "Der nächste Schildbürgerstreich also."Seit Jahresbeginn gilt für alle Unternehmen, die unter die Registrierkassen-Pflicht fallen, auch eine Belegerteilungspflicht. Jedem Kunden muss also eine Quittung ausgestellt werden. Dieser ist laut Gesetz wiederum verpflichtet, "den Beleg entgegenzunehmen und bis außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten mitzunehmen."

Zudem haben die Käufer im Fall einer Kontrolle eine Mitwirkungspflicht. Allerdings: Sanktionen für Kunden, die die Quittung nicht mitnehmen oder von ihrer Mitwirkungspflicht nicht Gebrauch machen, gibt es nicht.

Bewusstsein steigern

Laut Finanzministerium will man damit verhindern, "dass eine Registrierkasse zwar besteht, Umsätze aber nicht eingetippt werden." Eine Erklärung, weshalb der Passus mit den Kunden dezidiert im Gesetz angeführt ist, gibt es nicht. Auf Nachfrage teilt man aber mit, dass dadurch das Bewusstsein der Kunden gesteigert werden soll.

Ein Großteil der Kunden fühlt sich dadurch aber schikaniert. Fritz K. ärgert sich: "Die sollen endlich aufhören, uns und die Unternehmer zu sekkieren." Musica Bejic, Verkäuferin in einer Bäckerei, erzählt, dass einige Kunden sogar verärgert das Geschäft verlassen. Kunde David Rajic schießt nach: "Das ist doch eine Frechheit, keiner kann mich dazu zwingen." Und eine 72-jährige Dame merkt an: "Bald werden wir eigene Taschen für die Rechnungen mitschleppen müssen."

Auch Frisörin Ingrid gesteht: "Bisher hat noch kein Kunde den Beleg mitgenommen. Schließlich hat er auch nichts davon, die Frisur kann er ja schlecht umtauschen."

Ganz ähnlich ist die Situation in der Gastronomie. "Es ist eins zu eins wie vorher, nur der Papierverbrauch ist jetzt höher", sagt Kellner Michael Schneider vom Café Ritter. Die Gäste lassen die Quittung liegen, manche legen das Geld dazu und gehen. "Ich kann doch nicht jedem Kunden nachlaufen", ergänzt Restaurant-Geschäftsführer Awi Yosfan.

Sonderfall Würstelstand

Besonders skurril ist die Situation am Würstelstand: Dort betritt der Kunde genau genommen gar kein Geschäftslokal. Legt der Verkäufer den Beleg auf seinen äußeren Thekenbereich (siehe Bild unten rechts), ist das Gesetz somit erfüllt.

Für die ersten drei Monate gibt es für die Unternehmer laut Ministerium eine straffreie Schonfrist, bei Bedarf auch für weitere drei Monate. Danach werden Verstöße der Unternehmer jedoch sanktioniert. Trafikantin Hauser hat Angst davor, statt der Kunden gestraft zu werden. "Schließlich habe ich die Pflicht, zu beweisen, dass der Kunde die Rechnung bekommen hat."

Inzwischen hat der nächste Kunde die Trafik betreten. Sein Einkauf: zwei Schachteln Zigaretten. Von der neuen Regelung ist Martin Binder ebenso überrascht, nach kurzer Diskussion meint er aber kurz und bündig: "Ist gut, dann schmeiß ich’s eben draußen weg." "Aber nicht auf den Boden", warnt Hauser, "dann kann es bis zu 36 Euro teuer werden."

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