Die Kuh und ihr mitunter tödliches Beziehungsproblem
Tiroler auf Wanderweg von Kuhherde schwer verletzt."
"Wanderer in der Steiermark bei Kuhattacke schwer verletzt."
Und: "45-jährige Urlauberin aus Deutschland im Stubaital von Kühen getötet."
Das grundsätzliche Problem ist laut Ott, dass die Kuh von heute nicht mehr genügend mit menschlichen Wesen konfrontiert wird.
"Die Nähe, die man früher zu seinen Tieren hatte, als vielleicht fünf Kühe im Stall gleich neben der Küche gestanden sind, ist heute nicht mehr gegeben", sagt Ott, der selbst auf Gut Rheinau im Schweizer Kanton Zürich eine 100-köpfige Milchviehherde betreut. "In der modernen Haltung, bei der die Kühe viel freilaufen können und vollautomatisch gemolken werden, fehlt dieses Zusammenleben auf gleicher Augenhöhe, die Bauern investieren nicht mehr in die Mensch-Tier-Beziehung", sagt Ott. Es sei kein Wunder, dass dann "die alten Muster der Tiere wieder aufbrechen: Der Mensch, der da über die Weide wandert, ist etwas Bedrohliches. Und sein Hund ist ein Wolf."
Dazu komme das "fehlende Verständnis der Wanderer, die oftmals keinerlei Bezug mehr zu Tieren haben".
Und wie verhält man sich nun korrekt, wenn man eine Alm betritt? Ott:
"Machen Sie sich bemerkbar, sobald Sie das Tor aufmachen, damit die Kühe Sie bemerken und nicht erschrecken, wenn Sie plötzlich vor ihnen stehen."
"Gehen Sie möglichst an Bäumen entlang und suchen Sie Fluchtmöglichkeiten."
"Schauen Sie der Kuh niemals direkt in die Augen, sie glaubt sonst, Sie sind ein Raubtier."
Und wenn die Kuh schon auf einen zuläuft? Ott: "Dann haben Sie zwei Möglichkeiten. Entweder Sie legen sich flach auf den Boden – oder Sie machen auf starke Kuh." Ah ja, und das geht wie? "Richten Sie sich auf, seien Sie selbstbewusst und heben Sie beide Hände oder zwei Stöcke in die Höhe."
Die Kuh sieht nämlich sehr schlecht – und glaubt dann, Sie seien eine unfassbar riesige Kuh. Mit gewaltigen Hörnern.
Erneut ist es am Samstag zu einer Kuhattacke gekommen, bei der ein Wanderer schwer verletzt wurde. Der 77-jährige Einheimische war am Vormittag auf einem Wanderweg auf dem Nösslachjoch (Bezirk Innsbruck-Land) in Richtung Lichtsee unterwegs, wo 20 Kühe und Kälber grasten. "Ein Zeuge hat beobachtet, dass die Herde unvermittelt und offenbar ohne Provokation auf den Wanderer zugelaufen ist und ihn umgestoßen hat", schildert ein Polizeisprecher. Der 77-Jährige erlitt schwere Verletzungen am Oberkörper, wurde mit dem Hubschrauber in die Innsbrucker Klinik geflogen und sofort notoperiert. Sein Zustand ist kritisch. Die Kühe dürften auf ihm herumgetrampelt sein.
In Reith bei Seefeld war vor einer Woche eine Frau von einer Kuh auf die Hörner genommen worden – sie erlitt eine tiefe Fleischwunde. Vor drei Wochen starb eine 45-jährige Deutsche im Stubaital nach einer Kuhattacke (siehe Berichte unten).
In Tirol ist es am Sonntag erneut zu einer Kuh-Attacke auf eine Wanderin gekommen. Eine 46-jährige Einheimische war gerade auf dem Weg ins Gebiet der Reitherjoch-Alm in Reith bei Seefeld (Bezirk Innsbruck Land) unterwegs, als plötzlich eine Kuh "unvermittelt" auf sie zulief und mit einem Horn im Bereich des Gesäßes verletzte, sagte die Polizei und bestätigte einen Bericht von ORF Tirol.
Die Frau erlitt eine "tiefe, große, blutende Fleischwunde", hieß es. Sie wurde mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus Hall in Tirol geflogen.
Laut Exekutive ereignete sich der Vorfall, als die Frau das Gatter hinter sich geschlossen hatte, um ins Almgebiet zu gelangen. Plötzlich sei die Kuh von der Seite auf die 46-Jährige zugelaufen. Einen Hund hatte die Familie nicht dabei. Es sei kein "absichtlicher Reiz" auf die Kuh ausgeübt worden, hieß es seitens der Polizei.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Ende Juli war es im Stubaital zu einer tödlichen Attacke einer Kuhherde auf eine 45-jährige Deutsche gekommen. Die Frau wurde von den Kühen zu Tode getrampelt. Sie war in einem eingezäunten Bereich mit ihrem Hund auf einem Wanderweg unterwegs, als die Tiere plötzlich seitlich auf sie zuliefen. Laut Polizei hatte es die Herde vermutlich auf den angeleinten Hund der Frau abgesehen. Inzwischen leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen unbekannte Täter wegen des "Anfangsverdachts" der fahrlässigen Tötung ein.
Die Landwirtschaftskammer Tirol hat angesichts der zahlreichen Kuh-Attacken eine Informationsoffensive angekündigt. In einem ersten Schritt wurde ein Folder präsentiert, in dem Empfehlungen zur bestmöglichen Vermeidung von Konflikten mit Weidetieren sowie Informationen zum richtigen Einschätzen des Verhaltens der Tiere angeführt werden.
Bei der Attacke durch eine Kuhherde ist am Freitag ein 68-jähriger Wanderer auf der Hohen Veitsch (Bezirk Bruck-Mürzzuschlag) schwer verletzt worden. Nach Mitteilung des ÖAMTC und der Polizei wurde der Senior mit dem Rettungshubschrauber ins LKH Graz geflogen. Der ihn begleitende Hund wurde leicht verletzt.
Der 68-Jährige war mit seinem Husky und seiner 46-jährigen Tochter, die auch einen Hund dabei hatte, auf einem markierten Wanderweg über eine eingezäunte Weide auf dem Plateau und Hohen Veitsch unterwegs. Beide Hunde waren angeleint. Gegen 9.00 Uhr kam es zu dem Zwischenfall, wie ein Alpinpolizist berichtete: Nach den Angaben der unverletzt gebliebenen Tochter rannten rund zehn Kühe plötzlich auf den Husky und den Pensionisten los. Dieser wurde hochgeschleudert und erlitt Stoß- und Sturzverletzungen - Rippenbrüche und vermutlich eine Lungenverletzung.
Zwei andere Wanderer vertrieben die Paarhufer und leisteten Erste Hilfe, die Tochter alarmierte die Rettung. Erst Ende Juli war es bei Mariazell beim Einfangen eines Stieres zu einem tödlichen Unfall gekommen, in Tirol war zudem eine 45-jährige Deutsche, die ebenfalls mit ihrem Hund auf einem Wanderweg über eine Weide ging, von einer Kuh getötet worden (siehe Bericht unten).
Nach der tödlichen Attacke von 20 Kühen und Kälbern auf eine 45-jährige Deutsche im Stubaital Ende Juli hat die Landwirtschaftskammer Tirol als erste Maßnahme ihrer angekündigten Informationsoffensive einen Folder präsentiert. Dieser werde unter anderem an die Gemeinden, Tourismusbetriebe und Almbewirtschafter verschickt, erklärte Präsident Josef Hechenberger am Freitag in einer Aussendung.
Im Folder seien Empfehlungen zur bestmöglichen Vermeidung von Konflikten mit Weidetieren sowie Informationen zum richtigen Einschätzen des Verhaltens der Tiere angeführt, meinte Hechenberger. Diese wurden auch in Form von Illustrationen dargestellt. Für das Queren von Viehweiden lauten die Empfehlungen etwa: "Tiere in Ruhe lassen und nicht berühren. Kälber auf keinen Fall streicheln" oder "Leinen Sie den Hund sofort ab, wenn ein Angriff eines Tieres abzusehen ist".
Die Informationsbroschüre firmiert übrigens unter dem Titel "Eine Alm ist kein Streichelzoo!". Der Ratgeber stehe als Druck- und Webversion auf der Homepage der Landwirtschaftskammer sowie der Tirol Werbung zur Verfügung. Da nicht nur deutschsprachige Urlauber auf den Almen unterwegs seien, werde der Informationsfolder ab kommenden Dienstag auch in Englisch, Holländisch, Französisch und Italienisch zum freien Download auf die Homepage der Tirol Werbung gestellt, hieß es.
Nach einem "Runden Tisch" in der vergangenen Woche hatte die Landwirtschaftskammer angekündigt, Verhaltensregeln für Wanderer auf Almen zu erarbeiten. Auch Hinweistafeln mit Verhaltensregeln sollen zukünftig im Bereich der Almen oder bei Zubringerwegen angebracht werden.
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck leitete inzwischen ein Verfahren gegen unbekannte Täter wegen des "Anfangsverdachts" der fahrlässigen Tötung ein. Die Obduktion ergab nach Angaben der Anklagebehörde, dass die Frau zu Tode getrampelt wurde.
Die 45-Jährige war am 28. Juli in einem eingezäunten Bereich mit ihrem Hund auf einem Wanderweg unterwegs, als die Tiere plötzlich seitlich auf sie zuliefen. Die Frau wurde an Ort und Stelle rund 45 Minuten lang reanimiert, erlag jedoch schließlich ihren schweren Verletzungen. Laut Polizei hatte es die Herde vermutlich auf den angeleinten Hund der Frau abgesehen. Das Tier soll sich laut einem Zeugen zuvor aber nicht aggressiv den Kühen gegenüber verhalten haben.
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