Die größten Baustellen des Bundesheers

Offensive oder Sparbefehl? Noch ist unklar, wohin die Reise geht
Teure Eurofighter und zu wenig Soldaten: Auf die neue Regierung warten viele Aufgaben.

Das Bundesheer hat in seiner jüngsten Vergangenheit eine rasante Tal- und Bergfahrt absolviert. Unter SPÖ-Minister Norbert Darabos wurde die Armee ausschließlich mit dem Thema Eurofighter assoziiert. Gegen Ende seiner Amtszeit mussten die Generäle um die allgemeine Wehrpflicht bangen – Stichwort Volksbefragung. Unter Gerald Klug gab es den Sparbefehl, Symbol dafür war der Streit um die Auflösung der Militärmusik. Mit Hans Peter Doskozil kam dann die Trendwende: Mehr Budget, Millionen-Investitionen, das Heer als Partner im Anti-Terror-Kampf.

Nun steht das Bundesheer erneut vor einer Zäsur. Mit einer möglichen türkis-blauen Regierung könnte die Landesverteidigung wieder eine neue Richtung einschlagen. Derzeit ist sogar unklar, ob das Verteidigungsministerium als eigenes Ressort bestehen bleibt oder etwa in einem Heimatschutz-Ministerium aufgeht. Jedenfalls warten auf den Ressortchef einige drängende Baustellen.

Die wichtigsten Problemfelder

Personal: Geburtenschwache Jahrgänge, immer mehr Untaugliche, weiterhin hohes Interesse am Zivildienst – das Bundesheer leidet an akuter Personalnot. Darin sehen hochrangigen Militärs auch das größte Problem für die Armee auf dem Weg in die Zukunft. Standen dem Militär vor zehn Jahren noch 25.000 junge Männer pro Jahrgang zur Verfügung, sind es heute nur mehr 18.000. Insgesamt bräuchte es jährlich 2000 Rekruten mehr, um das bestehende System aufrecht zu halten.

Eurofighter: Minister Doskozil hat sich für einen Ausstieg aus dem teuren System Eurofighter entschieden. Ob die künftige Regierung neue Jets gen Himmel schicken wird, ist aber äußerst fraglich. Klar ist, dass die Zeit drängt. Denn spätestens im Jahr 2020 hat die Saab 105 ausgedient und es muss Ersatz angeschafft werden. Sollte der Eurofighter tatsächlich endgültig in den Hangar gestellt werden, kommen zwei Modelle als Nachfolger in Frage: Der schwedische Gripen oder die amerikanische F-16.

Führung: Der künftige Heeresminister muss 2018 seine wichtigste Personalentscheidung treffen: Othmar Commenda, seit Mai 2013 Generalstabschef, wird dem Vernehmen nach in den Ruhestand gehen. Als mögliche Nachfolgekandidaten sind zwei gewichtige Kaliber im Gespräch: Einer ist der Chef des wichtigen Abwehramts (militärischer Geheimdienst), Rudolf Striedinger. Er hat sich davor unter anderem als nö. Militärkommandant in Krisensituationen bewährt. Auch Brigadier Harald Vodosek werden gute Chancen auf eine Commenda-Nachfolge nachgesagt. Er ist Leiter der Gruppe Bereitstellungsunterstützung.

Budget: Die Militärs wollen mehr Geld. Derzeit stehen dem Heer 2,18 Milliarden Euro zu Verfügung, das sind 0,6 Prozent des Bruttoinlandprodukts. "Wenn es darum geht, neue Flugzeuge anzuschaffen, Kasernen zu sanieren und die Ausrüstung zu verbessern, braucht es mehr Geld. Ein Prozent des BIP wäre notwendig", betont ein Offizier.

Auslandseinsätze: Bis zu 1200 Soldaten sind derzeit für die Republik im Auslandseinsatz. Diese Anzahl muss auch in den kommenden Jahren gehalten werden, um Österreichs Rolle als Partner bei Friedensmissionen zu festigen. Überstürzte Aktionen, wie der Abzug der heimischen UN-Soldaten vom Golan haben die Weltgemeinschaft verunsichert. Sollte, wie in Offizierskreisen zu hören ist, der Einsatz im Kosovo zurückgefahren werden, müsste in anderen Kriegs- und Krisengebieten aufgestockt werden.

Cyber-Sicherheit: Das Heer hat sich als Unterstützer im Kampf gegen Cyber-Terroristen angeboten. Entsprechende Experten sind bereits tätig, neue werden gezielt angeworben. Dazu ist auch die entsprechende IT-Ausstattung notwendig. Hier gibt es Handlungsbedarf: Wie der KURIER aufdeckte, konnte selbst das armeeinterne Sicherheitssystem nicht verhindern, dass Soldaten ihre Kameraden umfassend ausspionierten.

Ausbildung: Der tragische Zwischenfall in der Kaserne Horn, bei dem ein Soldat nach einem Marsch bei Gluthitze starb, hat den Fokus auf die Ausbildungsmethoden gelenkt. Veränderungen im Ausbildungsplan wurden zugesichert. Dennoch bleibt das durch Schleiferton und wenig nachvollziehbare Befehle geschürte Image eine der größten Heeres-Baustellen.

Kasernen: Doskozils Vorgänger erhofften sich durch den Verkauf von Kasernen Einnahmen von bis zu einer Milliarde Euro. Bis dato wurden 160 Heeresliegenschaften um gerade einmal 370 Millionen Euro verkauft. Zudem gibt es noch Ladenhüter: Etwa die 40 Hektar große Martinek-Kaserne in Baden, die seit Jahren keinen Käufer findet.

Waffen: Auch wenn das Sturmgewehr StG77 aktuell nicht zur Diskussion steht, muss in der Ausbildung nachgeschärft werden. In einer Wiener Kaserne starb ein Wachsoldat durch einen Kopfschuss. Ein 22-jähriger Kamerad sitzt seitdem in U-Haft. Ob es Mord oder Unfall war, muss noch geklärt werden. Ein aktuelles Gutachten besagt, dass sich das Gewehr von selbst lädt, wenn es aus einem Meter Höhe auf den Boden fällt.

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