Das Frauenhaus ist der "Anfang für einen neuen Weg"

Das Frauenhaus ist der "Anfang für einen neuen Weg"
Claudia Fath-Kuba arbeitet im Kolping-Frauenhaus in Mistelbach und erzählt von Höhen und Tiefen ihrer Tätigkeit.

Für Claudia Fath-Kuba war immer klar, was sie einmal machen möchte. Das liegt zu großen Stücken an der Familie, aus der sie stammt. "Es war eine von den Frauen geprägte Familie. Meine zwei Großmütter waren sehr präsent", erzählt die 55-Jährige. Ihre Wahrnehmung sei daher schon immer "fraulich" gewesen. Ihre Eltern hatten eine mit "ausgeglichenen Machtverhältnissen ausgestattete Ehe geführt". Daher zog sie es auch später vor, ihre zwei Söhne alleine zu erziehen, statt in der Beziehung "den Mund zu halten".

Seit 2005 arbeitet sie im Frauenhaus Mistelbach und ist Teil des Leitungsteams. "Ich bin in Mistelbach geboren und aufgewachsen und nun sozusagen das regionale Gesicht des Frauenhauses", meint sie.

Anfang des Jahres gerieten Frauenhäuser vermehrt in den Fokus aufgrund einiger Morde an Frauen und der damit einhergehenden Beleuchtung des Themas Gewaltbeziehungen. Doch wer sind die Menschen, die in den Frauenhäusern arbeiten? Was treibt sie an, was zermürbt sie?

Fath-Kuba hat Sozialarbeit studiert, danach beim Arbeitsamt gearbeitet. "Dort habe ich die Erfahrung gemacht, dass Frauen bei der Arbeitssuche benachteiligt sind. Sie finden keine Jobs, weil sie Kinder haben und es keine Betreuungseinrichtung gibt oder sie sind eingeschränkt, weil sie keine Ausbildung, keinen Führerschein haben." Als die Frauenhelpline 1999 gegründet wurde, fing sie dort an, 2005 wechselte sich nach Mistelbach.

Neue Herausforderungen

"Bis heute gibt es immer wieder neue Herausforderungen und Ereignisse, mit denen man schwer zurechtkommt und die man lange mitnimmt", sagt sie. Schwierig seien zum Beispiel Gerichtsverhandlungen. Die Betreuerinnen begleiten die Frauen zu den Terminen. "Und vor Gericht spielt das Thema Gewalt in der Familie oft keine Rolle. Da vertreten Richter oft leider immer noch eher die Ansicht: Vertragt euch doch einfach", erzählt Fath-Kuba.

Beweise gibt es meist keine und die Männer hätten häufig ein gutes Auftreten. "Es ist wahnsinnig frustrierend, wenn es dann eine gemeinsame Obsorge gibt oder der Vater die alleinige bekommt, obwohl er ein schwerer Gewalttäter ist", fährt sie fort. Da lässt sich auch nach jahrelanger Erfahrung keine dicke Haut wachsen.

Ausgleich findet Fath-Kuba beim Theater spielen. Sie ist Teil einer Laienbühne in Mistelbach. "Es hilft, in andere Rollen zu schlüpfen", erklärt die 55-Jährige. Außerdem zwinge sie ihr Hund bei Wind und Wetter hinauszugehen, wo sie den Kopf frei bekommt.

Die vier hauptamtlichen Kolleginnen, die im Kolping-Frauenhaus arbeiten, treffen sich jeden Donnerstag zum gemeinsamen Frühstück, danach gibt es eine Teambesprechung – "eine lange Frauenhaustradition zum Austausch", sagt Fath-Kuba. Kolping bietet außerdem Supervision an.

Langer Weg

"Das klingt jetzt so, als gäbe es nichts Positives in meinem Beruf", sagt Fath-Kuba. Dabei sei das Gegenteil der Fall. "Ich wünschte manchmal, es gäbe Vorher-Nachher-Bilder", fährt sie fort. So verändere sich das Aussehen der meisten Frauen stark während ihrer Zeit im Frauenhaus Mistelbach – die maximal ein Jahr betragen darf.

"Körperliche und seelische Gewalt hinterlassen Spuren. Es gibt so viele Formen des Quälens: wenn Frauen nicht duschen oder Wäsche waschen dürfen, weil es zu teuer ist oder wenn das Licht in der Nacht nicht abgedreht werden darf zum Beispiel", sagt Fath-Kuba.

"Es ist ein langer Weg, aber wenn man sieht, dass Frauen wieder durchschlafen können, dass sie einem wieder in die Augen schauen können, dass Kinder nicht mehr einnässen, dann sind das sehr erfreuliche Erlebnisse", sagt die Expertin.

Die Krönung sei zu sehen, wenn es Frauen schaffen, in ihre eigenen Wohnungen zu ziehen. "Alle diese Schritte sind nicht selbstverständlich. Und keine Frau kommt gerne hierher. Niemand sieht diese Station auf seinem Lebensplan vor. Trotzdem ist es schön zu sehen, dass sie sich hier wohlfühlen können, dass teilweise auch innige Freundschaften zwischen den Frauen entstehen, dass es bei uns keine Endstation, sondern der Anfang für einen neuen Weg ist." Das gibt auch Fath-Kuba Kraft.

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