Corona: Interner SPÖ-Aufstand gegen Schulterschluss
In Zeiten der Krise ist der Schulterschluss das Dach für das politische Handeln. Das erwartet sich die Bevölkerung, das hält deswegen auch die Opposition für opportun. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat sich bislang bewusst mit öffentlicher Kritik an den rigorosen Maßnahmen der türkis-grünen Bundesregierung zurückgehalten. Doch nun dürfte sie dabei von einer Gruppe ihrer Parlamentskollegen unterlaufen werden. Konkret sind es acht Nationalratsabgeordnete aus Niederösterreich. Darunter die ehemaligen Ministerinnen Gabriele Heinisch-Hosek und Sonja Hammerschmid.
Unter dem Titel „Schluss mit den Ankündigungen, wir wollen Taten sehen“ werden in einer gemeinsamen Aussendung sieben Themenblöcke angesprochen, mit denen diese Bundeslandfraktion innerhalb der SPÖ unzufrieden ist. Die Palette reicht von einem Rechtsanspruch auf Betreuungszeit über zu langsame Auszahlungsmodalitäten über den Härtefonds bis hin zu einem gesetzlichen Abschalteverbot für Strom und Gas sowie ein „befristetes Corona-Grundeinkommen von 1.700 Euro steuerfrei“.
Wörtliche Zitate aus dem Papier: Gabriele Heinisch-Hosek schreibt davon, dass die Regierung „bei alldem säumig ist“, wenn es um Alleinerziehende geht. Andreas Kollross, Nationalratsabgeordneter und Bürgermeister von Trumau: „Die Bundesregierung ist eindringlich aufgefordert, weniger Show und Selbstdarstellung zu betreiben und mit Sachpolitik ihre Hausaufgaben zu machen.“ Konkret angesprochen werden aber weder Kanzler Kurz noch Vizekanzler Kogler.
Orchestriert hat diese Aktion Landesparteichef Franz Schnabl, der selbst gar nicht im Parlament sitzt. Der niederösterreichische Landeshauptfrau-Stellvertreter sieht das Papier als „Weckruf“. In Richtung Bundesregierung, aber auch in Richtung der eigenen Partei. Schnabl: „Schulterschluss hat nichts damit zu tun, dass wir nichts sagen.“ Es gebe viele Sorgen der Menschen, die man auch jetzt als Opposition ansprechen müsse.
Kein Persilschein
Dass das auf diese Art und Weise passiert, ist dennoch mehr als ungewöhnlich. Weil bei diesem Schritt der innerparteiliche Schulterschluss mit der Parteichefin – gleichzeitig auch die Klubobfrau dieser Abgeordneten – wohl nicht gesucht worden ist. Noch dazu zu einem Zeitpunkt, wo in der kommenden Woche im Parlament im Zusammenhang mit der Corona-Krise entscheidende Beschlüsse auf der Tagesordnung stehen.
Im Vorfeld lässt Schnabl auch offen, ob „seine“ Abgeordneten aus Niederösterreich überall zustimmen werden. „Einen Persilschein für die Regierung gibt es nicht“, sagt der Landesparteichef. Es würden jedenfalls viele Anträge von diesen Mandataren kommen. Schnabl nennt diese „Verbesserungsvorschläge“, wobei man sich ansehen werde, wie die Regierungsfraktionen damit umgehen. Sein kryptischer Nachsatz: „Da müssen wir eben das Ende des Tages abwarten.“
Tatsache ist, dass es noch nie ein so geballtes, gemeinsames Auftreten der blau-gelben SPÖ-Parlamentarier gegeben hat. Praktisch als eine eigene Fraktion innerhalb des SPÖ-Klubs. Manche Partei-Insider deuten das auch als Fingerzeig von Schnabl in Richtung Pamela Rendi-Wagner, die sich angesichts dieses Alleingangs Sorgen um die Einheit in ihrem Klub machen sollte. Schnabl gilt innerparteilich als entschiedener Gegner der Bundesparteichefin.
Ludwig bremst Hacker
Bislang galt nur Wiens SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker als jener Mann, der die Stimme gegen Entscheidungen der Bundesregierung erhoben hat. Zuletzt in einigen Interviews. Er hat sich etwa gegen manche – für ihn zu harte – Beschränkungen und für das Öffnen der Spielplätze ausgesprochen. Wobei er diese Woche in einem ZiB2-Interview wieder einiges relativierte.
Vielleicht auch deswegen, weil Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig da nicht immer seiner Meinung ist. Dieser hat im Gespräch mit dem KURIER deutlich erklärt, dass die Spielplätze gesperrt bleiben. Und dass es bei den Maßnahmen einen Schulterschluss mit der Bundesregierung gibt.
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