Bürger wollen Baustopp: Risse gehen durch Bad Gastein

Die Szenerie von Bad Gastein: Am Straubingerplatz scheint der Neustart zu gelingen, das Kongresshaus (vorne rechts) bleibt noch Schandfleck.
Die Baumaschinen dröhnen, die Kräne drehen sich, es wird am Straubingerplatz gehämmert und gebohrt. Und das schon seit Jahren. 2018 gab das Land das brachliegende Hotel-Ensemble wieder in private Hände. Die deutsche Hirmer Gruppe wurde mit der Wiederbelebung des historischen Ortes beauftragt. Eine jahrelange Zitterpartie um die Ruinen im Zentrum und leere Versprechungen eines Investores gingen dem voraus. Das Zentrum war dem Verfall preisgegeben. Lange vorbei, aber nicht vergessen: Die glanzvollen Zeiten, als Adel, Künstler und Hollywoodstars wie Liza Minnelli im „Monte Carlo der Alpen“ nächtigten.
Große Hoffnungen ruhen auf dem neuen Eigentümer: Und der Bau ging trotz Corona zügig voran. An das frühere Badeschloss grenzt nun ein 30 Meter hoher Hotelturm an. Ein Tunnel musste dafür gegraben werden. Für den Felsen in Wasserfallnähe ein großer Eingriff. Die Bettenkapazität konnte so erhöht werden. „Gastein blüht auf“, stimmt Bürgermeister Gerhard Steinbauer (ÖVP) gern in Jubelmeldungen ein. Die Mehrheit im Tal hofft mit ihm auf einen Neustart.
Nachbarn wehren sich
Doch es gibt auch die Schattenseite im Aufblühen: Mit Rissen im Mauerwerk des Nachbargebäudes „Straubingerplatz 1“ kommen auch emotionale Risse. „Ich habe mein Büro im zweiten Stock aufgeben müssen. Es sind schon Mauerteile runtergefallen“, ist Rudolf Mitterhofer verzweifelt und er klagt: „Wir haben anscheinend keine Rechte hier.“
Im Kellergeschoß, wo ihm Lagerräumlichkeiten eines früheren Fotogeschäftes gehören, fließe mittlerweile „ein Bach durch“. Schon vor Beginn der Bauarbeiten hätten Kanalarbeiten durch die Gemeinde dem Gebäude zugesetzt.
Und dann fuhren noch plötzlich Baumaschinen vor, um einen direkt angrenzenden Gebäudeteil, der zur Hirmer-Gruppe gehört, abzutragen: „Es waren unglaubliche Erschütterungen“, schildert Mitterhofer, dass die Nachbarn völlig überrascht worden seien. Die Dachrinnen seien einfach abgeschnitten worden, ohne das Wasser neu zu leiten. Die Nerven liegen mittlerweile blank.
Verschiedene Gutachten liegen vor und Bewohner setzen sich nun mit Rechtsbeistand zur Wehr. Ein weiterer Eigentümer einer Wohnung, der seit den 1970-ern in Gastein urlaubt, meidet den Platz nun. „Ich bin entsetzt über die Zerstörung der Bausubstanz. Wir sind auch bereit, Opfer zu bringen, gehen aber nicht bis zur Selbstzerstörung.“ Die Baustelle hätten die Bewohner in ihrer Dimension unterschätzt, heißt es. Auch Vorwürfe, dass der Eingriff im Quellschutzgebiet zu massiv sei, stehen im Raum.

Das Nachbarhaus grenzt direkt an

Es bildeten sich tiefe Risse
Antrag auf Baustopp
Die Bewohner müssen sich eine Entschädigung erkämpfen. Über ihren Anwalt haben sie nun einen Antrag auf Baustopp eingebracht. Bürgermeister Steinbauer spricht von „einigen wenigen“, die sich beschweren. Nur ein Gebäude ist betroffen. Er verspricht aber: „Natürlich gehen wir dem nach.“
Verwundert ist man auf der Gemeinde, dass ein Gutachten aus dem Sommer, wo von einer möglichen Einsturzgefahr des Nebenhauses die Rede ist, erst jetzt vorgelegt wurde. Parteistellung hätten die Nachbarn in der Frage eines möglichen Baustopps nicht, meinen Juristen. Ob es zu einer baupolizeilichen Überprüfung kommt, wird sich im Jänner entscheiden.
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