Breite Front gegen Shared-Space-Experiment

Immer wieder kommt es bei weggefrästen Schutzwegen zu gefährlichen Szenen.
Politik ist plötzlich unschlüssig: "Begegnungszone" wird weder umgesetzt, noch aufgehoben.

"Mir ist es egal, ob die Begegnungszone per Verordnung kommt oder die Ampeln wieder aktiviert und Zebrastreifen aufgemalt werden. Nur die aktuelle Situation ohne rechtliche Klarheit, ohne Geschwindigkeitsbegrenzung gehört abgeschafft. "

Die Klagenfurterin Grete Klammer wird sich gedulden müssen, denn die politischen Vertreter wollen sich nicht, wie angekündigt, für oder gegen den "Shared Space" rund um den Neuen Platz im Herzen der Stadt entscheiden. Sondern sie wollen den im Mai gestarteten Probebetrieb einer "verkehrsberuhigten Zone" fortführen. Bürger kritisieren diese Haltung, auch Verkehrsexperten halten sie für gefährlich.

SPÖ-Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler war der Erste, der am Dienstag auf Abwarten setzte. Er sei "gegen eine Husch-Pfusch-Begegnungszone", meinte er. Als Argument brachte er vor, dass für Sehbehinderte ein gefahrloses Überqueren des Platzes nicht gewährleistet sei. Parteikollegin Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz sieht nun ebenfalls "keine Notwendigkeit, Ampeln wieder einzuschalten, aber auch kein Muss, die Begegnungszone einzuführen." Plötzlich ist es dem größten "Shared-Space"-Befürworter, Stadtplanungsreferent Otto Umlauft (ÖVP), "auch recht, wenn vorerst alles so bleibt wie es ist. Die verkehrsberuhigte Zone funktioniert ja."

Das sieht Passant Franz Kunst anders. "Die Autos fahren nicht wie in einem Shared Space, wo alle gleichberechtigt sind; Pkw-Lenker nutzen ihren Vorrang, Fußgänger zahlen drauf: Sie haben keine Zebrastreifen mehr und andererseits fehlt eine Begegnungszone per Verordnung", gibt er zu bedenken. Auch Oliver Leitgeb spricht sich gegen den Status quo aus. "Eine Begegnungszone mit entsprechender Beschilderung gehört installiert. Das funktioniert in anderen Städten auch, warum wagt man den Schritt in Klagenfurt nicht?"

"Keine Rücksicht"

"Vor allem ältere Fußgänger sind verunsichert. Ich helfe ihnen stets über die Straße, weil Autofahrer keine Rücksicht nehmen müssen. Am liebsten hätte ich die alten Zebrastreifen wieder. Aber man sollte sich zumindest in irgendeine Richtung entscheiden, der aktuelle Zustand ist gefährlich", führt Susanne Feichter aus.

Frage der Haftung

Verkehrsexperten geben ihr recht. "Diese Zone ist nicht Fisch, nicht Fleisch. Es fehlt eine klare Regelung. Ein auf der Straße aufgemaltes Schülerpärchen suggeriert Fußgängern sogar fälschlicherweise, dass sie Vorrang hätten", erklärt Nikolaus Authried von der Rechtsabteilung des ÖAMTC. Kollege Thomas Jank vom ARBÖ: "Das ist ein Kasperltheater, kein professionelles Vorgehen. Nicht einmal ich weiß, wer hier Vorrang hat. Ich hoffe nur, dass keine schweren Unfälle auftreten; wenn die Haftungsfrage gestellt wird, wird es spannend."

Und Verkehrspsychologe Dieter Krainz vom Kuratorium für Verkehrssicherheit hält fest, dass "für jede verkehrsberuhigte Zone Geschwindigkeitsbegrenzungen von 20 km/h – in Ausnahmefällen 30 km/h – verordnet werden müssen." Entsprechende Beschilderungen fehlen rund um den Neuen Platz ebenfalls.

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