Blutnotstand wegen Fußball

Naser Kandah spendete erstmals seit 26 Jahren wieder Blut.
Spender schauen lieber Weltmeisterschaft - Vorrat reicht für eine Woche.

Nur noch etwas mehr als 3000 Blutkonserven lagern derzeit in den Lagern des Roten Kreuzes. Das entspricht dem Vorrat von etwas über einer Woche, heißt es. Die Lage könnte sich im Juli noch verschärfen. Einer der Hauptgründe dafür ist die laufende Fußball-Weltmeisterschaft.

"Bei Großereignissen vergessen die Menschen immer aufs Blutspenden", sagt Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Roten Kreuzes. Das war schon bei den letzten Europameisterschaften und Olympischen Spielen so. Dazu kommt, dass das Pfingstwochenende sehr heiß war – vor allem Dauerspender bleiben dann aus.

Prekärer ist die Lage diesmal auch, weil die Sommerferien unmittelbar vor der Tür stehen. Während der Monate Juli und August gehen die Menschen prinzipiell weniger spenden. Dazu gibt es gerade in diesen Monaten mehr Unfälle, weil die Leute mehr im Freien unterwegs sind und es zu mehr Freizeitunfällen kommt. Ab August müssen wiederum viele abgelehnt werden, denn wer in tropische Gegenden fährt, darf nicht "angezapft" werden.

Leere Warteräume

In der Wiener Blutspendezentrale in der Wiedner Hauptstraße geht es derzeit wirklich gemächlich zu, der Warteraum ist leer. "Ich hab dickes Blut und möchte es mit der Abnahme verdünnen", sagt der Geschäftsmann Naser Kandah, einer der wenigen Anwesenden. Seit 1988 war er nicht mehr hier. Dass er ausgerechnet am gestrigen Montag spenden war, hat vor allem mit seiner Tochter zu tun: "Sie wollte eigentlich mit mir gehen, hat aber derzeit die Kinder zu Hause."

"Das wäre doch gar kein Problem, wir haben eine Spielecke", meint Ursula Kreil, die Leiterin der Zentrale. "Nächstes Mal soll sie die Kinder mitnehmen und wir passen auf diese auf, während ihr das Blut abgenommen wird." Denn derzeit zähle jede Konserve doppelt.

Der Verbrauch in Österreich ist hoch. Etwa alle 80 Sekunden wird eine Blutkonserve benötigt, insgesamt fast 400.000 pro Jahr. Dabei gibt es ein Ost-West-Gefälle. Während landesweit 2,8 Prozent der Bevölkerung ihren Lebenssaft spenden, sind es im Großraum Wien gerade einmal 1,4 Prozent. Dabei gibt es in und um die Bundeshauptstadt die meisten Spitäler.

Ursula Kreil ist die Leiterin der Abnahme in der Blutspendezentrale für Wien, NÖ und das Burgenland. Sie erklärt, warum das Urlaubsland Auswirkungen auf die Blutspende hat.

KURIER: Wer darf aller Blut spenden?

Kreil: Prinzipiell jeder, der älter als 18 Jahre ist. Erstspender müssen unter 60 Jahre alt sein. Der Spender darf auch keine Drogen nehmen und muss gesund sein. Ganz wichtig ist derzeit aber die Reisetätigkeit.

Wieso denn das?

Wer in Malariagebiete reist, darf anschließend mindestens sechs Monate kein Blut spenden. Bei Urlaub in den Tropen oder Subtropen sind es drei Monate. Deshalb wäre es sehr wichtig, dass sie vor der Reise zu uns kommen.

Wie dramatisch ist die Lage derzeit tatsächlich?

Normalerweise wollen wir immer mindestens 5000 Konserven als Vorrat haben. Derzeit sind es knapp über 3000. Das reicht prinzipiell für eine Woche. Allerdings spenden die Leute ja auch weiterhin, das ist nur die eiserne Reserve. Derzeit kommen aber weniger Menschen als sonst zu uns. Deshalb appellieren wir an alle, dass sie Blut spenden, sonst wird es im Juli wirklich knapp. Gerade nach solchen Aufrufen ist es meist nett bei uns im Ruheraum, weil dann das Wir-Gefühl ein besonderes ist.

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