Auf leisen Reifen: E-Autos als Gefahr

Ab 2019 müssen E-Autos wegen einer EU-Regelung bis 20 km/h ein künstliches Geräusch erzeugen. Experten halten die Grenze für zu niedrig.
Ab 2019 müssen Pkw künstlich laut sein. Die Regelungen reichen laut Blindenverbänden nicht.

Sie sind umweltfreundlich, kostengünstig im Erhalt und leise. Bei all den Vorteilen ist aber gerade auch das fast geräuschlose Fahren mit E-Autos eine Gefahr – besonders für Fußgänger und Radfahrer. Auf Tempo-50- oder 30-Straßen verlassen sich diese Verkehrsteilnehmer nämlich zu einem großen Teil auf Verkehrsgeräusche, um Gefahrensituationen einschätzen zu können.

Wie viele Unfälle es in Österreich konkret wegen dieser Problematik gibt, wird polizeilich nicht erfasst. Laut der US Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA passieren weltweit aber rund 2400 Unfälle, weil herannahende Elektroautos überhört wurden. Die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls zwischen Fußgängern und E-Autos ist laut den Experten um 18 Prozent höher als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Bedenkt man die steigende Zahl der E-Auto-Lenker, könnten zukünftig noch weitaus mehr Menschen betroffen sein. Daher wurde in einer UN-Regelung beschlossen, E-Autos mit speziellen Soundsystemen auszustatten, die Geräusche künstlich erzeugen. Der ähnliche, etwas abgeänderter EU-Beschluss wurde im vergangenen Jahr finalisiert: Ab 2019 müssen dann alle neuen Elektro-Fahrzeuge auch in Österreich künstlich "laut" sein.

"Fahrzeuge, die bereits vorher gekauft wurden, sind von der Regelung ausgenommen. Ab dem Stichtag 1. Juli 2019 müssen nur neue Pkw ein solches System eingebaut haben", sagt der Experte für E-Mobilität im Verkehrsministerium, Hans-Jürgen Salmhofer.

20-km/h-Grenze

Bei Geschwindigkeiten bis 20 km/h muss das künstlich erzeugte Geräusch deutlich für Fußgänger hörbar sein. "Fährt das Auto schneller, dann hört man ohnehin das Abrollgeräusch", sagt Salmhofer. Ein Streitpunkt: In den USA muss das Geräusch bis 30 km/h hörbar sein. Und auch Blindenverbände wünschen sich eine Anhebung der 20-km/h-Grenze. Gerade Sehbehinderte seien auf die Pkw-Geräusche angewiesen, um sich im Verkehr zurechtzufinden. "Wir wollen wirklich keinen Lärm in den Städten, aber wir wollen Sicherheit. Das ist nicht nur für uns ein Thema, sondern auch für sehende Verkehrsteilnehmer. Wir sind mit der Regelung nicht zufrieden", sagt Markus Wolf, der Präsident des österreichischen Blindenverbands. Tests hätten gezeigt, dass E-Autos auch bei 25 km/h noch weitaus leiser seien als Pkw, die mit Diesel oder Benzin betrieben werden.

Ein weiterer Streitpunkt ist das Geräusch selbst. Wie genau das klingen muss, ist nämlich noch nicht geregelt. Theoretisch könnte das Auto beim Wegfahren piepsen oder klingeln: "Wir sind dafür, dass ein Geräusch wie bei einem Verbrennungsmotor erzeugt wird und werden uns dafür einsetzen, dass die Regelung noch nachgebessert wird.", sagt Wolf.

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