Faktencheck: Auf Covid-Intensivstationen vorrangig Österreicher

Behandlung von Corona-Patienten
11,7 Prozent der Patienten keine österreichischen Staatsbürger.

In sozialen Medien und auf Twitter (1) entbrannte in den vergangenen Tagen eine Diskussion darüber, wie hoch der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund ist, die mit Corona auf Intensivstationen liegen. Der niederösterreichische FPÖ-Politiker Gottfried Waldhäusl bemängelte zuletzt etwa in einem oft geteilten Facebook-Posting, dass mehr als 50 Prozent der Covid-19-Intensivbetten aktuell mit Migranten belegt seien.

Das würden Gesundheitsexperten und Ärzte "hinter vorgehaltener Hand" sagen. Im Bild darunter präzisiert er den Bereich auf Großstädte. Und obwohl Migranten sich "an keinerlei Sicherheitsmaßnahmen halten", würden sie im nationalen Impfplan bevorzugt werden.

Nur 11,7 Prozent der Patienten keine österreichischen Staatsbürger

Die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) erhebt in Österreich die Staatsangehörigkeit von Covid-19-Intensivpatienten. Wie ein Pressesprecher der GÖG der APA auf Anfrage mitteilte, wurden von 1. Jänner 2020 bis 28. Februar 2021 insgesamt 5.790 Menschen aufgrund von Covid-19 intensivpflichtig. Davon seien 88,3 Prozent österreichische Staatsbürger gewesen. 8,5 Prozent stammten aus Drittstaaten und 3,2 Prozent aus weiteren EU-Staaten. Zusammengerechnet 11,7 Prozent der Menschen, die bis Ende Februar intensivpflichtig wurden, hatten also nicht die österreichische Staatsbürgerschaft.

Die Zahlen stammen laut dem Sprecher aus der "Diagnosen- und Leistungsdokumentation österreichischer Fondskrankenanstalten" (LKF-Daten). Sie würden zwar in der Aktualität etwa zwei Monate hinterherhinken, seien dafür aber sehr exakt. Es ist nicht anzunehmen, dass sich der Anteil der Menschen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft innerhalb des darauffolgenden Monats gravierend verändert hat.

Relativ gesehen sind den GÖG-Daten zufolge Ausländer sogar weniger häufig wegen Corona auf Intensivstationen als österreichische Staatsbürger. Denn Ausländer stellten 11,7 Prozent der Menschen in Intensivpflege, jedoch 17,1 Prozent (6) der Gesamtbevölkerung.

Migranten sind per Definition nicht gleich Ausländer, aber die Mehrheit der Menschen mit Migrationshintergrund hat nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Laut Statistik Austria dadurch definiert, dass beide Elternteile im Ausland geboren wurden. Menschen mit Migrationshintergrund können also auch die österreichische Staatsbürgerschaft haben. Dementsprechend schwer ist es hier allgemeingültige Aussagen zu treffen.

Prinzipiell sind Migranten stärker von Covid-19 betroffen. Das liegt unter anderem an beengten Wohnverhältnissen und Sprachbarrieren. Im aktuellen Impfplan werden sie nicht bevorzugt.

Eine Auswertung nach Bundesländern sei theoretisch möglich, aber durch die niedrigen Fallzahlen mit hohen Schwankungsbreiten versehen, was sie eher unwissenschaftlich mache, so der GÖG-Sprecher. Ungefähr dürfte der Anteil der Migranten auf Covid-19-Intensivstationen aber dem Bevölkerungsschlüssel entsprechen, also dass beispielsweise in Wiener Spitälern mehr Serben sind als etwa in Tirol. Aussagekräftige Schlüsse darüber, ob der Anteil in Großstädten besonders hoch sei - wie vom FPÖ-Politiker Waldhäusl angedeutet - lassen sich allerdings keine ziehen.

Deutschland: Migranten auf Intensivstationen in Großstädten überdurchschnittlich vertreten

Einzelne Berichte dürften auf eine gewisse Überproportionalität hindeuten, wie ein Artikel der deutschen ZEIT zeigt. Zwar lägen dem Robert Koch-Institut (RKI) keine Daten zu Menschen mit Migrationshintergrund auf deutschen Intensivstationen vor, vor allem in großen Städten seien Migranten auf Intensivstationen aber überdurchschnittlich vertreten. Das habe eine nicht repräsentative Umfrage in mehreren deutschen Kliniken ergeben.

Die Top-5-Länder, aus denen Intensivpatienten mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft kommen, sind die Türkei, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Deutschland und Rumänien. Das sind auch die größten Migrantengruppen in Österreich.

Alle Länder bis auf Bosnien und Herzegowina finden sich auch in mehreren Epidemiephasen unter den fünf häufigsten Staatsangehörigkeiten der Covid-19-Infektionsfälle in Österreich. Die Zahlen in dem AGES-Lagebericht, der der APA vom Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellt wurde, sind allerdings mit Vorsicht zu vergleichen, da die Nationalität bei einem großen Teil als unbekannt angeführt ist.

Kommentare