Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"

Die Unterbringung von Flüchtlingen in Zeltstädten ist Teil einer neuen Maßnahme um den Flüchtlingsstrom in Österreich besser in den Griff zu bekommen.
Notquartiere gehen in Betrieb, Mikl-Leitner auf Besuch in Linz. 224 neue Asylanträge am Freitag.

Die Notquartiere für Flüchtlinge füllen sich: In der neu errichteten Zeltstadt in Linz wurden bereits 53 Asylwerber untergebracht, bis zum Abend sollten es 96 werden, damit ist man ausgealstet. Zudem sind bereits seit September des Vorjahres um die 40 Personen im benachbarten Turnsaal untergebracht. In Thalham kamen 36 Personen unter, außerdem wurden 16 Asylwerber in ein Großquartier in Wien-Erdberg eingewiesen, teilte das Innenministerium mit. In Salzburg werden die ersten Flüchtlinge am späteren Samstagnachmittag erwartet.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat am Samstag die eilig für Flüchtlinge errichtete Linzer Zeltstadt besucht. Viele der dort Einquartieren erzählten von ihren Wünschen - wie "ein Dach über dem Kopf". Wann das Wirklichkeit wird, blieb offen. Mikl-Leitner forderte erneut ein EU-Quote und warnte: "Gerade an der Frage der Flüchtlinge kann Europa scheitern." Diese sei "eine Überlebensfrage."

Pritschen mit Decken und Heurigenbänke

Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"
ABD0111_20150516 - LINZ - ÖSTERREICH: ZU APA0173 VOM 16.5.2015 - Die Unterbringung von Flüchtlingen in Zeltstädten ist Teil einer neuen Maßnahme um den Flüchtlingsstrom in Österreich besser in den Griff zu bekommen. Im Bild: Ein untergebrachter Flüchtling am Samstag, 16. Mai 2015, im Zelt am Gelände der Landespolizeidirektion in Linz. - FOTO: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR
Die Notquartiere sind nur mit Männern belegt, Frauen und Kinder wohnen keine in der Polizeidirektion. Die meisten Betroffenen sind Syrer und Iraker, einige kommen auch aus Afghanistan oder Nordafrika. In den Zelten stehen Pritschen mit Decken und Heurigenbänke. Kurz vor dem Besuch der Ministerin werden noch versperrbare Spinde geliefert - viel Besitz haben die meisten ohnehin nicht dabei. "Wir sind mit dem gekommen, was wir am Leib trugen", hört man mehrfach. Das wenige Wechselgewand hängt frisch gewaschen auf Leinen zwischen den Zelten. Versorgt werden die Flüchtlinge aus der Polizeikantine, wo sie zweimal am Tag essen und abends ein Lunchpaket erhalten. Mit dem Wetter hatten sie bisher Glück.

"Ich will nicht hier herumsitzen", sagt Munser, ein aus Syrien geflohener Berufstaucher, "ich will arbeiten, ich will lernen, ich kann bei der Feuerwehr helfen". Und er wünscht sich, seine Mutter nach Österreich holen zu können, sagt der kinderlose Junggeselle. Sein Zeltnachbar erzählt, dass er aus Afghanistan gekommen ist, zu Fuß habe er sich durch die Wildnis geschlagen. Seine Hoffnung: "Eine Wohnung."

"Welcome to Austria"

Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"
ABD0109_20150516 - LINZ - ÖSTERREICH: ZU APA0173 VOM 16.5.2015 - Die Unterbringung von Flüchtlingen in Zeltstädten ist Teil einer neuen Maßnahme um den Flüchtlingsstrom in Österreich besser in den Griff zu bekommen. Im Bild: Ein untergebrachter Flüchtling am Samstag, 16. Mai 2015, im Zelt am Gelände der Landespolizeidirektion in Linz. - FOTO: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR
"Welcome to Austria", begrüßt Mikl-Leitner die Männer, die in und vor ihren Zelten gespannt warten. Wer ein Handy hat, macht ein Foto mit der Ministerin. Mehrere berichten von ihren Erlebnissen und ihrer Flucht nach Österreich. Einer sagt in gebrochenem Englisch, dass er gerne Deutsch lernen würde, und bittet die Ministerin um ein Wörterbuch. Sie verspricht, eines zu organisieren.

"Natürlich ist es keine große Freude, dass wir Kriegsflüchtlinge in Zelten unterbringen, aber es sei schon einmal gesagt, dass wir hier die Aufgaben der Bundesländer erledigen", verteidigte Mikl-Leitner dann vor Journalisten die "Notmaßnahme". Sie würde die Zelte lieber heute als morgen abbauen, betonte sie. Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) prüfe derzeit die Möglichkeit, Kasernen zu öffnen. "Ich erwarte am Montag eine Antwort. Selbstverständlich stehen fixe, feste Quartier an oberster Stelle."

"Ich verstehe die Sorgen der Bürgermeister"

Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"
Zelte für Asylwerber in Linz, Johanna Mikl-Leitner BM für Inneres
Am späten Nachmittag stand noch ein Besuch der Ministerin in der Zeltstadt in Thalham und ein Gespräch mit den Ortschefs der Region, die mit heftigem Protest reagiert hatten, am Programm. "Ich verstehe die Sorgen der Bürgermeister", Überrumpelung will sie sich aber nicht vorwerfen lassen: "Wir alle wurden in den letzten Tagen überrumpelt von dem starken Andrang an Asylwerbern", allein in den vergangenen fünf Tagen seien 1.400 Quartiere benötigt worden. Die Zelte sollen so schnell wie möglich wieder abgebaut werden, versprach sie, einen Zeitraum nannte sie aber nicht.

Mikl-Leitner verwies auf die exorbitant angestiegenen Flüchtlingszahlen. "Hatten wir vor einem Jahr 23.000 Personen in der Grundversorgung, sind es jetzt 35.000." Ob es weitere Zelte geben werde? "Ich bin kein Prophet", sie hoffe aber, dass sich die Situation in den nächsten Wochen beruhigt. Allein am Freitag seien 224 neue Asylanträge gestellt worden, hieß es im Innenministerium.

In den drei Zeltstädten wurden jeweils Acht-Mann-Zelte nach UNHCR-Standards aufgestellt, pro Standort sollen maximal 96 Flüchtlinge für einige Tage Platz finden, bis fixe Quartiere gefunden sind. Im Quartier in Wien-Erdberg ist Platz für 300 Flüchtlinge.

"Sprücheklopfer"

Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"
ABD0113_20150516 - LINZ - ÖSTERREICH: ZU APA0173 VOM 16.5.2015 - Die Unterbringung von Flüchtlingen in Zeltstädten ist Teil einer neuen Maßnahme um den Flüchtlingsstrom in Österreich besser in den Griff zu bekommen. Im Bild: Flüchtling helfen am Samstag, 16. Mai 2015, die Zelte am Gelände der Landespolizeidirektion in Linz einzurichten. - FOTO: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR
Mikl-Leitner hat am Samstag die Unterbringung von Flüchtlingen in Zeltlagern verteidigt und ihre Kritiker in die Pflicht genommen. Sie warf ihren Kritikern vor, nur Sprüche zu klopfen, aber keine Quartiere zu schaffen. "Aufgrund einiger befremdlicher Aussagen einzelner Entscheidungsträger will ich dabei aber schon klarstellen: Wir erledigen hier die vertraglich festgeschriebenen Aufgaben der Bundesländer. Wir helfen den Bundesländern aus", betonte Mikl-Leitner.

"Würden diese Zelte nicht stehen, würden diese Menschen auf der Straße stehen. Das ist einzelnen Verantwortungsträgern in den Bundesländern offenbar noch immer nicht bewusst", sagte Mikl-Leitner. Sobald die Bundesländer wieder handlungsfähig sind und die Menschen selbstständig vor Obdachlosigkeit schützen können, "sind die Zelte sofort wieder weg - das ist ja wohl gar keine Frage. Bis jetzt gibt es aber nur Sprüche und keine Quartiere", stellte die Innenministerin fest.

Die neuen Notquartiere:

Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"

LPD Linz…
Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"

LPD Salzburg…
Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"

Erstaufnahmezentrum Thalham, Asylwerber, Flüchtlin…
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Erstaufnahmezentrum Thalham, Asylwerber, Flüchtlin…
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Erdberg
Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"

Erdberg
Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"

Erdberg
Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"

ASYL-ÜBERGANGSQUARTIER IN WIEN-ERDBERG
Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"

ASYL-ÜBERGANGSQUARTIER IN WIEN-ERDBERG
Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"

ASYL-ÜBERGANGSQUARTIER IN WIEN-ERDBERG
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Reportage M. Reibenwein 25.9.2014…
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ASYL: NEUES GROSSQUARTIER IN WIEN-ERDBERG
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ASYL: NEUES GROSSQUARTIER IN WIEN-ERDBERG
Zeltstädte werden bezogen: "Welcome to Austria"

ASYL: NEUES GROSSQUARTIER IN WIEN-ERDBERG

Landau: "Problem hausgemacht"

Auch Caritas-Präsident Landau kritisierte sie: Er meinte, er weigere sich zu glauben, dass die Unterbringung in Zeltlagern ohne Alternative sei - Landau sieht einen Teil des Problems hausgemacht. Er wisse von einer Reihe von Quartierangeboten, sagte der Caritas-Präsident in der ZiB2.

Landau formulierte einen "Appell zur Mitmenschlichkeit" und rief dazu auf, den parteipolitischen Streit zur Seite zu legen. Er appellierte auch an die Solidarität und verwies darauf, dass nur 20 Prozent der Gemeinden Flüchtlinge aufnehmen. Er habe auch Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) angeboten, über die Betreuung von Asylwerbern in Kasernen zu reden.

Da menschenverachtende Wortmeldungen überhand genommen haben, wurde die Diskussion zu diesem Artikel geschlossen. Die KURIER-Redaktion

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