Arbeiter wollten Lohn: Anklage wegen Entführung

Arbeiter wollten Lohn: Anklage wegen Entführung
Sogar Staatsanwalt meinte: „Es war kein Fall wie aus amerikanischen Filmen bekannt.“

Im Mai 2012 bedrängten sechs Bosnier einen Villacher Trockenausbauer, 35, der sie über ein Subunternehmen auf Wiener Baustellen beschäftigt hatte: „Wir wollten unsere ausstehenden Löhne und unser Werkzeug zurück.“ Schließlich fuhren sie mit ihm nach Slowenien, forderten Geld, schickten Droh-SMS. Das brachte sie am Mittwoch vor ein Klagenfurter Schwurgericht.

Das sei falsch, aber keine erpresserische Entführung gewesen, meinte einer der Verteidiger: „Alles geschah ohne Gewalt und Waffen, das Opfer hätte mehrmals Gelegenheit gehabt, zu gehen.“

Der betreffende Paragraf mit zehn bis 20 Jahren Strafdrohung sei zur Terrorismusbekämpfung und gegen Flugzeug- und Millionärsentführer aus den Ereignissen in den 1970er-Jahren entstanden: „Das war höchstens Freiheitsentziehung, Drohung, Nötigung.“ Auch der Staatsanwalt räumte ein: „Da gab es keine brutale Gewalt, das Opfer wurde gut behandelt.“

Die sechs Bosnier auf der Anklagebank seien eben ein Rechtssystem wie in Österreich nicht gewohnt, meinte ein Anwalt: „Sie wussten nicht, dass man Dinge auch gerichtlich klären kann.“

„Freiwillig“

Freiwillig sei der Kärntner in ihr Auto gestiegen, behaupteten die Bosnier. Seine Lebensgefährtin schrieben sie ein SMS: Sie werde ihn erst wiedersehen, wenn er bezahlt habe. Die Frau alarmierte die Polizei. In Telefonaten wurde das „Lösegeld“ von 30.000 auf 20.000 Euro heruntergehandelt. Bei einer fingierten Geldübergabe an der slowenisch-kärntnerischen Grenze wurden zwei der Bosnier verhaftet; zwei weitere saßen in einem Café in Laibach, die übrigen waren in ihre Heimat gefahren.

22 Stunden wurde der Villacher gesucht. Anfangs hatte er die Bosnier zu einer falschen Adresse in Klagenfurt geführt: Dort wäre sein Geschäftspartner, der das Geld hätte. „In Laibach gingen die Angeklagten dann mit ihm in Kaffeehäuser, man hat sich gut unterhalten“, meinte eine Verteidigerin: „Das Opfer selbst hat sogar einen gemeinsamen Disco-Besuch vorgeschlagen.“

Nach seiner Befreiung hatte Michael H. zum KURIER gesagt: „Sie hatten keine Waffen, haben mir Getränke und Essen bezahlt. Übernachtet haben wir zu dritt in einer Arbeiterunterkunft.“ Der Prozess geht heute mit der Zeugeneinvernahme des Opfers weiter.

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