Angekündigte Ärzteproteste finden nicht statt

Angekündigte Ärzteproteste finden nicht statt
Der Warnstreik an der Klinik Ottakring hätte eigentlich der Auftakt zu einer Serie von Kampfmaßnahmen an den Gemeindespitälern werden sollen.

Es war der Höhepunkt einer heftigen Auseinandersetzung, die monatelang die Wiener Kommunalpolitik dominierte: Rund 2.000 Ärzte zogen am 12. September 2016 im Rahmen eines Warnstreiks durch die Innenstadt, um die Stadt im Streit um die Ärzte-Arbeitszeit in den Gemeindespitälern zum Nachgeben zu zwingen.

Die Machtdemonstration sollte wirken: Die Wiener Ärztekammer konnte sich mit ihren Forderungen großteils durchsetzen.

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Die bildgewaltigen damaligen Proteste dürfte die nunmehrige Spitze der Standesvertreter im Kopf gehabt haben, als sie in diesem Frühjahr erneut Kampfmaßnahmen an den Wiener Spitälern beschloss.

Anlass war diesmal die drückende Personalnot, die in den Monaten davor zu einer Reihe von Gefährdungsanzeigen an verschiedenen Standorten – von Ottakring bis Favoriten – geführt hatte. Ohne dass der Gesundheitsverbund (Wigev) und Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) ernsthaft darauf reagiert hätten, so die Kritik der Ärztevertreter.

Für dieses Mal haben sich die Strategen der Kammer allerdings eine andere Choreografie als 2016 ausgedacht: Mit einer Abfolge von Protestmaßnahmen an verschiedenen einzelnen Abteilungen im Wochenrhythmus sollte Hacker ein heißer Sommer bereitet werden.

Auftakt in Ottakring

Der Auftakt lief noch nach Plan: Am 30. Juni hielten Ärzte der Notaufnahme in der Klinik Ottakring unter großer medialer Beachtung einen einstündigen Warnstreik ab. Diese Abteilung hatte zuletzt besonders massiv mit der Personalnot zu kämpfen.

Seitdem scheint der Streik-Motor zu stottern: Keine weitere Abteilung hat sich bis dato den Kollegen in Ottakring angeschlossen. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch keinen einzigen fixen Termin für Kampfmaßnahmen an anderen Kliniken.

Schon mehren sich Stimmen in der Kammer und in den Spitälern, dass die traditionell an sich sehr kampagnenstarke Wiener Standesvertreter mit dem diesjährigen Streik einen Flop gelandet hätten.

Angekündigte Ärzteproteste finden nicht statt

Verantwortlich für die eher geringe Streikbereitschaft könnten mehrere Faktoren sein. Ähnlich wie auch Hacker betont, dürfte die Personalnot nicht den gesamten Wigev flächendeckend gleich stark betreffen, sondern eher punktuell bestimmte Häuser und Abteilungen. Während bestimmte Abteilungen in den Kliniken Ottakring, Favoriten und Donaustadt immer wieder als Krisenherde auffallen, ist es etwa in der Klinik Floridsdorf zumindest nach außen hin weitgehend ruhig. Jedenfalls denkt dort aktuell niemand an Kampfmaßnahmen, ist zu vernehmen.

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Das wäre möglicherweise anders, wenn man sich wie 2016 zu einem großen Streik in allen Häusern gleichzeitig entschieden hätte. Denn manche Abteilungen, ist zu hören, würden sich scheuen, ganz alleine offen gegen den Wigev aufzutreten.

Dieser hat zudem diesmal zumindest punktuell eine Art Krisenmanagement zustande gebracht: Wegen des massiven Mangels an Anästhesisten hätten Ärzte an der Klinik Favoriten eigentlich am 3. Juli ebenfalls in Warnstreik gehen wollen. Mit diversen Zugeständnissen konnte der Wigev sie noch zum Einlenken bringen.

Pläne ungewiss

Denkbar ist, dass sie ihre Kampfmaßnahmen aber nur in den Herbst verschoben haben. Bei der Wiener Ärztekammer kann man keine näheren Details dazu verraten, was die Favoritner Anästhesisten in den nächsten Wochen vorhaben. Auch hinsichtlich möglicher Aktionen an anderen Standorten gibt man sich bedeckt.

Doch was ist an der Klinik Ottakring seit dem Warnstreik vor eineinhalb Monaten passiert? Zur Entschärfung der Lage hat der Wigev mehrere Maßnahmen beschlossen: Die Erstversorgungsambulanz soll ab September länger öffnen, um die Notaufnahme zu entlasten, die Rettungszufahren sollen besser koordiniert werden, Internisten aus Penzing sollen in der Notaufnahme aushelfen, der Schockraum wird erneuert und ausgebaut.

Beim Streikkomitee bleibt man skeptisch: „Es konnte kein konkreter Plan genannt werden, um rasch ärztliches Personal zu akquirieren“, sagt Severin Ehrengruber, gemeinsam mit Aglaia Kotal Sprecher des Komitees. Um dieses zu finden und zu halten, brauche es „eine attraktive, der Verantwortung angemessene Bezahlung“. Offensichtlich werde aber von der Wigev-Führung und der Stadt auf Zeit gespielt.

Am Montag beraten die Ärzte der Notaufnahme ihre weiteren Schritte.

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