Als Pflegekind missbraucht: Opfer geht in zweite Instanz

Walfried Janka will weiterkämpfen
Walfried Janka wurde von seiner Pflegemutter gequält. Seine Klage gegen das Land Steiermark geht in die zweite Instanz

Nach der Abweisung einer Amtshaftungsklage gegen das Land Steiermark durch Walfried Janka, der als Pflegekind in den 1970er- und 80er-Jahren von seiner Pflegemutter gequält worden ist, geht der heute 54-jährige in die zweite Instanz.

Bei einer Online-Pressekonferenz am Dienstag hieß es, dass bei einer Crowdfunding-Kampagne rund 18.500 Euro zusammengekommen sind und sich auch weitere Spender gemeldet haben, die den Rechtsweg finanziell unterstützen wollen. Laut Anwältin Julia Kolda gibt es in dem vom Gericht bestellten Gutachten, das auch Basis der Entscheidung der Verjährung war, Widersprüche.

Sie hält die darin getroffenen Schlüsse für nicht nachvollziehbar. Dem Betroffenen sei es ihr zufolge nicht früher möglich gewesen, Klage einzubringen. Das will sie nun dem Oberlandesgericht Graz beweisen. Das Rechtsmittel werde von ihr am Dienstag eingebracht.

Vorbild Land Tirol

Markus Drechsler, Initiator von www.ueberlebt.at, der für den Betroffenen spricht, hoffe allerdings immer noch auf ein Einlenken des Landes Steiermark, das sich nicht länger hinter einer juristischen Argumentation verstecken solle. Als Vorreiter wurde das Land Tirol genannt, wo im Vorjahr der Landtag beschlossen hat, dass bei Fällen etwa von sexualisierter Gewalt in Heimen auf die Verjährungsfrist gänzlich verzichtet werde.

Landesrätin Gabriele Fischer (Grünen) sprach von einem Grundrecht: „Die Frage ist, wann jemand fähig ist, Klage einzubringen.“ Es sei eine Frage der Verantwortung gewesen, den Rechtsweg zu öffnen. Derzeit liege ein Fall in Tirol auf.

Psychiater Pius Prosenz schilderte, dass selbst er mit 40 bis 50 Jahren Erfahrung mit forensischer Psychiatrie die Geschichte des mittlerweile im Waldviertel lebenden 54-Jährigen als eine „Besondere“ sehe. Er sagte: „Es war ihm unmöglich termingerecht eine Klage einzubringen.“ Die Behörden würden eine „Wiedergutmachung der Schandtaten“ versperren.

Aufgrund der abgewiesenen Klage muss der Betroffene eigentlich die Verfahrenkosten begleichen, die rund 20.000 Euro ausmachen. In etwa diese Summe hat er bisher vom Land Steiermark als freiwillige Zahlung erhalten - inklusive einem „Dreizeiler“ von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Das habe ihn aber nicht versöhnt, schilderte Drechsler.

In der Klage des Betroffenen ging es hauptsächlich um die Frage, ob der Fall verjährt ist oder nicht. Dass der Mann damals als Pflegekind missbraucht wurde, stehe außer Zweifel. Aus Sicht der Kläger war der 54-Jährige bis 2016 nicht in der Lage, eine Klage einzubringen und sich Recht zu verschaffen, da er mangels Bildung nicht dazu in der Lage war.

Sicht des Zivilgerichts

Diese Bildung sei ihm als Pflegekind nicht in ausreichendem Maß zugekommen. Allerdings sah das das Zivillandesgericht anders: „Ab 1987, mit 21 Jahren also schon, war er mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Lage zu verstehen, dass er für etwas, was ihm in seiner Kindheit und Jugend widerfahren ist, Ansprüche geltend machen könnte.

Mit 21 habe er schon eine Stunde lang in seinem Jugendamtsakt lesen können - auch dass die Pflegemutter, bei der er mit Wissen des Jugendamts untergebracht war, wegen Mordes an einem Neugeborenen verurteilt war.“ Der Betroffene meint aber, dass er jemanden gebraucht hätte, „der mich an der Hand führt und sagt, das und das ist zu machen.“ 600.000 Euro wurden eingeklagt.

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