Alpiner Tourismus: „Werden Einheimische Gäste im eigenen Land?“

Alpiner Tourismus: „Werden Einheimische Gäste im eigenen Land?“
Der Alpenverein warnt vor zu viel Tourismus und ruft mit einer Kampagne zum Schutz der Alpen auf

Hinter Robert Renzler und seinen Kollegen vom Oesterreichischen Alpenverein (OeAV) ist am Dienstagvormittag im Innsbrucker Hauptquartier der Organisation ein Bild der Südtiroler Drei Zinnen im Morgenrot aufgebaut. „Stellen wir uns diese Landschaft mit Seilbahnstation am Gipfel vor“, bemüht der AV-Generalsekretär ein Bild, um zu verdeutlichen, worum es dem Verein mit einer neuen Kampagne geht. Die Bergnatur sei ein wichtiger Erholungsraum. „Es ist essenziell, dass sie nicht verbaut und inszeniert wird“, so Renzler.

Zeitgleich mit dem Deutschen und dem Südtiroler Alpenverein hat der OeAV eine Kampagne gestartet, die für die Bewahrung von unverbauter Natur werben soll. In den Fokus werden aber nicht dokumentierte Zerstörungen gesetzt, wie es sie etwa zuletzt am Pitztaler Gletscher gab, wo ein ganzer Bergkamm im Skigebiet gekappt wurde. Unter dem Titel „Unsere Alpen ... einfach schön“ wird die Schönheit der Bergwelt aufgezeigt, die aus Sicht der Alpenvereine bedroht ist.

Renzler sieht den Trend zur Versiegelung von Naturlandschaft klar in Zahlen belegt. Über 41 Prozent der Fläche Österreichs, von der die Berge den größten Teil stellen, seien bereits verbaut. Auf jeden Einwohner kämen 15 Meter Straße, während es in der Schweiz nur acht Meter seien. Mit 1,8 Quadratmeter Supermarktfläche pro Einwohner sei man überhaupt „Europameister“. Und allein die Pistenlänge Tirols von 3400 Kilometer entspricht einer Wegstrecke bis Spitzbergen.

„Wir sehen uns als Anwalt der Alpen. Das geht nicht ohne Konflikte“, erklärte OeAV-Sprecher Gerold Benedikter. Weil man vom Tourismus und der Seilbahnwirtschaft immer wieder mit Attributen wie „Nein-Sager und Verhinderer“ bedacht werde, habe man sich nun zu einer Positivkampagne entschieden.

Alpiner Tourismus: „Werden Einheimische Gäste im eigenen Land?“

Im Dauerclinch

Konflikte zwischen Seilbahnern und Alpenverein gab es zuletzt zuhauf. Erst am vergangenen Freitag hat das Bundesverwaltungsgericht in Wien die Tiroler Genehmigung für eine Skischaukel zwischen Kappl und St. Anton gekippt, gegen die Alpenverein und Landesumweltanwalt Beschwerde eingelegt hatten. Das von der Tiroler Landesregierung am Montag verordnete Seilbahnprogramm, in dem die Grenzen für Skigebietsausbauten weniger aufgelockert wurden, als im Erstentwurf, geht dem Alpenverein dennoch zu weit. Und auch der Massentourismus bereite Sorgen.

Tirol hat ein Viertel der Fläche der Schweiz, aber wir haben mit den Nächtigungszahlen inzwischen gleich gezogen“, sagte Renzler und stellte Fragen in den Raum, die es zu diskutieren gelte: „Wie viel Tourismus verträgt dieses Land noch, wo endet des Verständnis der Bevölkerung und werden Einheimische Gäste im eigenen Land?“

Aufruf zum Dialog

Es müsse „endlich ein Dialog mit der Bevölkerung geführt und über Endausbaugrenzen geredet werden“, forderte Renzler einmal mehr. Es gelte zudem, von der „Kriegsrhetorik“ wegzukommen. Erst am Montag hatte der Tiroler Franz Hörl, Österreichs Sprecher der Seilbahnwirtschaft, bei einem Branchentreffen laut einem TT-Bericht zur Debatte um das Seilbahnprogramm gemeint: Man werde ab sofort „wieder zurückschlagen, wenn sich manche auf unserem Rücken profilieren wollen“.

Alpiner Tourismus: „Werden Einheimische Gäste im eigenen Land?“

OeAV-Generalsekretär Renzler sieht seine Organisation jedoch nicht als "Gegner des Tourismus. Wir sind in manchen Bereichen Teil des Tourismus". So erhalte der Alpenverein das Wegenetz in den Bergen und sei mit seinen Hütten selbst Unterkunftgeber. "Wir stellen das Rückgrat für einen großen Teil des Sommertourismus", sagt Renzler selbstbewusst.

Die Konflikte zwischen Alpenverein und Wirtschaft entbrennen aber in erster Linie rund um Skigebiete und zunehmend auch um Wasserkraftwerke an Flüssen und Bächen in den Bergen. Den Gewässerschutz stellt die Organisation nun auch in die Auslage seiner Kampagne. Der AV und andere Umweltschutzorganisationen fürchten das eine EU-Richtlinie, die diesen Schutz sicher stellen soll, im wahrsten Sinn des Wortes verwässert werden könnte.

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