7.000 neue Muscheln für die Herkules-Grotte in Salzburg
„Sind das vielleicht unsere?“, fragt die kleine Sophie. Stolz schwingt mit, dass die eigenen Urlaubserinnerungen ausgerechnet ein historisches Juwel im Herzen der Salzburger Altstadt schmücken werden. Oder die Familie von Helena Lukic: Mit dem Lineal wurden nach dem Aufruf Fundstücke am Strand in Italien gesichtet. Denn gesucht waren Muscheln in ganz speziellen Größen und Formen. Eine weitere Teilnehmerin erzählt: „Ich habe eine Schachtel aus dem Schrank hervor geräumt. Sie ist sicher 30 Jahre alt. Unsere Kinder haben die Muscheln damals gesammelt.“ Und die Schatzsuche brachte auch die eine oder andere Überraschung mit sich: „Ich habe in einer Muschel Zahngold meiner Frau gefunden“, erzählt ein anderer Herr bei der Muschel-Tour.
Alte Residenz
Die fürsterzbischöfliche Palastanlage in Salzburg wurde 1120 erstmals urkundlich nachgewiesen. Ab 1600 erfolgten unter Erzbischof Wolf Dietrich umfangreiche Neubauten
Dietrichsruh
Sie ist eine ehemals zweiteilige Gartenanlage aus der Zeit um 1605/11. 1790 wurde sie teilweise abgetragen und im Nordwesten durch den Toskanatrakt ersetzt. Die Herkulesfigur kam 1952 an ihren ursprünglichen Ort zurück
Sala terrena
Der ursprünglich offene Gartensaal liegt im angrenzenden Universitätstrakt und ist in Salzburg wenig bekannt. Künftig soll die Herkules-Figur hier in Ruhe betrachtet werden können
Fremdenführerin Nathalie Gugler und ihr Team nahmen die früheren Muschelbesitzer jetzt auf Zeitreise zur Entstehung der Alten Residenz mit späterem Toskanatrakt, Sala terrena und der Grotte im Speziellen mit.
Prunk der Renaissance
In längst vergangenen Blütezeiten verliehen schon einmal Muscheln der Grotte mit Herkules-Figur einen prunkvollen Glanz. Sie war im 16. Jahrhundert als Teil einer exotischen Gartenanlage durch Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau entstanden. Die Glitzer- und Glanzeffekte waren ursprünglich überwältigend. Doch der Glanz bröckelte, der Putz fiel ab. Die ursprüngliche Substanz war mehrfach überarbeitet worden. Ein Muschel-Aufruf wurde schon in den 1950ern einmal gestartet, Arbeiten dann aber nie angegangen.
Von den Muscheln sind noch Abdrucke sichtbar, die für die Restauratoren Josef Voithofer, Johannes Duda und ihr Team heute ein wichtiger Anhaltspunkt sind. „So können wir das originalgetreu rekonstruieren“. Die Nischenwände sind neben Blüten, Ranken und ganzen Fruchtgehängen aus zum Teil innen vergoldeten Muscheln auch mit Kieselmosaik und farbigem Stuck reich verziert.
Die Bitte nach Muschel-Spenden erreichte unerwartet viele Wohnzimmer in Salzburg und weit darüber hinaus: „200 Packerl aus dem In- und Ausland gingen ein“, erzählt Schlossverwalter Theobald Seyffertitz. Bis nach Budapest wurde der Aufruf erhört. „Die Leute haben auch reizende Briefe dazu geschrieben.“ Sogar Blattgold schickte ein Hobby-Historiker mit ein. Neben Muscheln von der Adria durften man sich auch über Schätze von fernen Stränden freuen. In der Grotte selbst sollen jetzt rund 6.000 Stück Dreiecksmuscheln und 1.000 weitere neu geklebt werden.
Rund 270.000 Euro fließen in die Renovierungsarbeiten der Grotte. Neben dem Muschelbesatz wird in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz Farbe neu aufgetragen, Mosaik und Stuck mit viel Gefühl für historische Substanz rekonstruiert. Auch der ursprüngliche Glassplitter-Besatz wird ergänzt. „Es gab eine große Diskrepanz zwischen dem derzeitigen Zustand und dem Original“, so Voithofer. Die Arbeiten sollen heuer noch abgeschlossen sein. Die Herkules-Figur aus weißem Marmor wird gereinigt und soll dann in die Sala terrena – ein kaum beachteter ursprünglicher Gartensaal in einem Trakt der Universität – übersiedeln. Blickfang in der Grotte wird ein kleiner Brunnen.
Plan B für Muscheln
Muscheln, die doch nicht in der Grotte zum Einsatz kommen, sind nicht umsonst: Auch Schloss Hellbrunn erneuert Muschelgrotten-Besatz. „Und was dann noch übrig bleibt, werden wir für Kinderprogramm wie Muschelbilder basteln verwenden“, verspricht Birgit Meixner von der Schlossverwaltung, dass nichts weggeworfen wird.
Rund sieben Kilo Muscheln werden der Renaissance-Grotte neuen Glanz verleihen und auch ein wenig Urlaubsflair verbreiten.
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