500-Seelen-Dorf in Tschechien lebt komplett autark

Geht man zu Fuß durch Kněžice, ein kleines Dorf mit 530 Einwohnerinnen und Einwohnern in Mittelböhmen, scheint die Gemeinde in Tschechien nicht besonders hervorzustechen. Da ein Pflegeheim, dort eine Schule, Bauernhöfe und Häuser. Doch hier beschreitet die Politik gerne andere Wege, vor allem was die Energiewirtschaft betrifft.
Genau deshalb stattete der Gemeindebund Österreich mit mehreren Vertretern dem Ort auch im Zuge einer Bildungsreise einen Besuch ab. Denn durch den Bau einer Biogasanlage lebt man vollkommen autark. Kamil Soukup möchte bei einer Führung aber gar nicht groß über Zahlen sprechen. Lieber erzählt er ein Märchen, sagt der Experte der Biogasanlage etwas pathetisch.
Anfang der 2000er-Jahre war gerade ein neuer Bürgermeister gewählt worden. Damals habe es die Vision gegeben, eine Lösung im Bereich Wärmeversorgung und Abwasserwirtschaft zu finden, sagt Soukup. „Wir in der Gemeinde wollten unabhängig und autark sein. Das war die Idee. Das war das Ziel“, sagt Jana Sedláčková, Vize-Bürgermeisterin des Ortes. Man wollte auf neuerbare Energien umstellen. Und dieses Ziel konnte man mittlerweile erreichen: Alle öffentlichen Gebäude und Privathaushalte von Kněžice werden durch die Anlage mit Strom und Wärme versorgt.
Abfall wird zu Energie
Der große Vorteil einer solchen Anlage: Nicht nur eine Art von Abfall kann verwendet und in Energie umgewandelt werden. Ob normaler Restmüll aus den Haushalten oder der Gartenabfall, all das kann genutzt werden. Im Jahr 2005 hat man mit dem Projekt begonnen, 2006 ging die Biogasanlage in Betrieb. Wenig später folgte auch die Heizanlage.

„Das wird mehr werden, dass man lokale Energieproduktion auch lokal verteilt“
Gemeindebundpräsident Alfred Riedl zeigt sich im Gespräch mit dem KURIER überzeugt davon, dass man auch in Österreich von dem Projekt in Kněžice lernen kann, auch wenn man hierzulande bei den Standards kritischer sei. „Das wird mehr werden, dass man lokale Energieproduktion auch lokal verteilt“, so Riedl. Derzeit müsse man in Tschechien aber noch den Strom einspeisen und könne diesen nicht verteilen.
Die autonome Versorgung sei in Österreich in manchen Themen viel zentraler organisiert, sagt Riedl. Er ist aber sicher, dass vieles regionaler möglich wäre. „Oft braucht man nur zwei oder drei Visionäre, die andere von einer Idee überzeugen können.“
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