Der Inhalt des Schriftstücks ist unspektakulär. Es wurde als eine Art Notizbuch verwendet, erläutert die Expertin: Rechnungen auf Griechisch finden sich darauf, für Öl- oder Biersteuern. Doch das war nur sein erster Gebrauch: Später wurde dieses Blatt als sogenannte Kartonage wiederverwertet, die nötig waren, um Mumien zu umhüllen.
Zufallsfund
Bereits 1902 wurde dieses Fragment an einer Mumie entdeckt, 1904 kam es an die Uni Graz, die eine Sammlung von 52 solcher Papyri besitzt. Bei Routinearbeiten an dieser Sondersammlung stieß die Restauratorin auf Falz und Heftung. Zuvor fielen die Buchmerkmale niemandem auf. Sie sei zuerst einmal "geschockt" gewesen: Das könne es nicht geben, erinnert sich Zammit Lupi. "Dann riesige Freude."
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Bereits im 3. Jahrtausend vor Christus wiurde Papyrus in Ägypten eingesetzt, ab dem 5. Jahrhundert vor Christus ist das Material auch in Griechenland nachweisbar. Bisher ging die Forschung aber davon aus, dass Heftung in Buchform erst im 2. und 3. Jahrhundert nach Christus vorkamen. Das Grazer Mumienbuch entstand aber 400 Jahre früher. "Es ist damit die bis heute älteste, erhaltene Form eines Buches, die wir kennen", versichert Erich Renhart, Leiter Sondersammlung der Bibliothek.
Papiermühlen
Generell verbreiteten sich Papyri ausgehend von Griechenland im Römischen Reich. Allerdings wurden Papyri vom haltbareren Pergament verdrängt, das aus Tierhäuten hergestellt wurde, jedoch sehr teurer war.
Im 13. Jahrhundert entstanden erste Papiermühlen in Europa, wobei das Papier noch nicht aus Holz hergestellt wurde - sondern aus Lumpen, abgenutzen Kleidungsstücken also.
Der Rest ist (bekannte) Geschichte: Mitte des 15. Jahrhundert revolutioniert Johann Gutenberg mit dem Buchdruck den Markt .
➤ Hintergrund: Die Entwicklung der Schrift:
Was bedeutet der Grazer Sensationsfund nun für die Geschichte des Buches? Man müsse sie nicht neu schreiben, überlegt Renhart. "Aber Anfänge der Codices wird man neu bedenken müssen." Denn es sei nicht unwahrscheinlich, dass es in weiteren Sammlungen noch mehr solcher Fragmente gibt: "Nach ihnen wurde bisher nur nicht systematisch gesucht."
Finanzieller Wert nicht bezifferbar
Der finanzielle Wert eines solchen Stücks lasse sich nicht beziffern. "Wenn wir es transferieren wollen zu einer Tagung, müssten wir einen Versicherungswert benennen", überlegt Renhart. Aber den können wir noch nicht benennen."
Die Grazer Uni wolle zudem keine Superlative aufstellen, wehrt Rektor Peter Riedler aber ab. Geplant ist aber eine Tagung von internationalen Spezialistinnen und Spezialisten im Herbst.
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