28-Jähriger steht in Vorarlberg wegen Mordes vor Gericht

Gerichtsverhandlung Salzburg
Angeklagter soll vor über zwei Jahren aufgrund von Schulden eine 30-Jährige erwürgt haben. Er beschuldigt einen Freund.

Der Hauptangeklagte im Mordfall um eine 30-Jährige, die im März 2022 erwürgt und in einem Riedgraben abgelegt worden war, hat am Dienstag am Landesgericht Feldkirch die Verantwortung für den Tod der Frau von sich gewiesen. Er habe die Tötung der 30-Jährigen lediglich mitangesehen, sagte der 28-Jährige. Vielmehr beschuldigte er den 22-jährigen Zweitangeklagten, in dessen Wohnung sich die Tat ereignete. Dieser behauptete das Gegenteil. Die Urteile fallen am Mittwoch.

Die Fakten in dem Fall sind klar: Die 30-Jährige wurde in der Nacht auf den 3. März 2022 erwürgt, laut Gutachten musste dafür große Intensität aufgewendet werden. Anschließend packten die beiden Männer die Leiche auf den Rücksitz des Mietautos des 22-Jährigen und fuhren damit stundenlang durch Vorarlberg. 

Am Abend legte der 28-Jährige, der eigenen Angaben zufolge von Drogengeschäften lebte, die Frau in Lustenau in einem Riedgraben ab. Unbestritten ist auch, dass in der Tatnacht viel Alkohol geflossen war und Drogen konsumiert wurden. Mehrmals wurden die Wohnungen gewechselt, dazwischen versorgte man sich an der Tankstelle mit Alkohol-Nachschub - eine Videoaufnahme einer Tankstelle führte letztlich auch zu den beiden Männern als mögliche Täter. Was sich aber in Bezug auf den Tod der 30-Jährigen zugetragen haben soll, wurde von der Staatsanwaltschaft, dem 28-Jährigen und dem 22-Jährigen völlig unterschiedlich geschildert.

Staatsanwalt Markus Fussenegger wies in seinem Statement auf die Schulden des 28-Jährigen bei dem Mordopfer hin. Die 30-Jährige hatte ihrem Freund und früheren Liebhaber über einen Bankkredit angeblich 15.000 Euro geborgt, die der 28-Jährige mit 400 Euro-Zahlungen abstotterte. Darüber habe es Streit gegeben - was der Angeklagte aber verneinte. Zudem wurden unter den Fingernägeln der Toten DNA-Mischspuren gefunden, die zu dem 28-Jährigen passen. Der Erstangeklagte meinte, am wahrscheinlichsten sei die DNA-Übertragung beim Ablegen der Leiche erfolgt. „Da hatte die Totenstarre schon eingesetzt“, sagte er.

Ausgerastet

Der 28-Jährige betonte, kein gewaltbereiter Mensch zu sein. Der 22-Jährige sei in der Tatnacht die ganze Zeit „unter Strom gestanden“. Angeblich ging es dabei um ein Drogengeschäft mit einem Bekannten, in dem es noch „etwas zu klären gegeben“ habe. Als ihn die 30-Jährige mit einem flapsigen Satz provoziert habe, sei der 22-Jährige ausgerastet und ihr an den Hals gesprungen. 

Er habe sie so lange gewürgt, bis sie kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben habe. Es habe keine Provokation gegeben, sagte hingegen der 22-Jährige. Er hatte - wenige Tage nach der Tat und kurz nachdem der Verdacht auf die beiden Männer gefallen war - gegen den 28-Jährigen ausgesagt und ihn des Mordes bezichtigt.

Der 22-Jährige seinerseits stellte fest, dass er die Getötete in der Tatnacht überhaupt das erste Mal gesehen habe. Man sei auf der Couch gesessen, als der 28-Jährige plötzlich „Ich breche ihr jetzt das Genick“ gerufen und die 30-Jährige mit einer Drehbewegung am Hals gepackt habe. Nachdem er es nicht geschafft habe, der Frau das Genick zu brechen, habe er sie auf den Boden gedrückt, zwischendurch „Stirb' endlich!“ geschrien und zu Tode gewürgt. 

"Wegen 800 Euro"

Die 30-Jährige habe noch „Was tust du? Was tust du?“ von sich gegeben, habe sich gewehrt, aber keine Chance gehabt. Er sei so schockiert und überfordert gewesen, dass er nicht gewusst habe, was er tun solle. Der Erstangeklagte habe ihn außerdem mit dem Tod bedroht, sollte er ihm nicht helfen, so der 22-Jährige. Diese Aussage brachte dem 28-Jährigen am Ende noch eine Erweiterung der Anklage um schwere Nötigung ein. Der 22-Jährige erklärte, er habe den 28-Jährigen unmittelbar nach der Tat nach dem Grund für sein Handeln gefragt, die Antwort habe „wegen 800 Euro“ gelautet.

Während dem Erstangeklagten Mord, Verleumdung, Störung der Totenruhe und auch schwere Nötigung vorgeworfen wird, lautet die Anklage beim 22-Jährigen auf Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung und ebenfalls Störung der Totenruhe. Der 28-Jährige bekannte sich schuldig hinsichtlich der Störung der Totenruhe, zu allen anderen Anklagepunkten als unschuldig. Der 22-Jährige bekannte sich zu allen Vorwürfen unschuldig. „Ich habe nicht so reagiert, wie ich hätte reagieren müssen“, räumte er ein. Aber er habe keine Wahl gehabt.

Von Mord berichtet

Eine Zeugin sagte aus, dass es zwischen der 30-Jährigen und dem Erstangeklagten wegen des geliehenen Geldes immer wieder zu Konflikten gekommen sei. Sie habe ihr geraten, ein Ultimatum zu stellen. Der 28-Jährige seinerseits räumte ein, hin und wieder zu spät gezahlt zu haben, gezahlt habe er aber immer. Zwei weitere Zeugen bestätigten, dass der 22-Jährige kurz nach der Tat ihnen von einem Mord in seiner Wohnung berichtet habe. Der 22-Jährige sei völlig fertig gewesen. „So habe ich ihn noch nie gesehen“, sagte einer der Zeugen.

In Österreich finden Frauen, die Gewalt erleben, Hilfe und Informationen bei der Frauen-Helpline unter: 0800-222-555 (kostenlos und rund um die Uhr), www.frauenhelpline.at; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter www.aoef.at; der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie: www.interventionsstelle-wien.at und beim 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 sowie beim Frauenhaus-Notruf unter 057722

Gerichtspsychiater Reinhard Haller hielt fest, dass die beiden Männer zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig gewesen seien. Zwar seien die beiden Männer suchtkrank, und es habe bezüglich des Steuerungsvermögens Einschränkungen wegen des Alkohol- und Suchtgiftkonsums gegeben. Von einer Unzurechnungsfähigkeit sei man aber weit entfernt.

Urteile am Mittwoch erwartet

Am Mittwochvormittag wird die Gerichtsverhandlung um 9.30 Uhr fortgesetzt. Gehört werden die Gerichtsmediziner Walter Rabl und Petra Hatzer-Grubwieser, anschließend werden die Schlussplädoyers und die Beratung der Geschworenen folgen. Dem 28-Jährigen droht im Falle einer Verurteilung wegen Mordes eine Freiheitsstrafe von zehn bis 20 Jahren oder eine lebenslange Haftstrafe. Der 22-Jährige könnte eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren ausfassen.

Kommentare