Unsicherheit
„Wir haben damals nicht gewusst, was auf uns beim Heer zukommt, was der Beruf von uns abverlangt, diese Erfahrung gibt es mittlerweile“, erzählt Lacchini-Fanninger.
Die junge Frau, die ihr gegenüber am Stammtisch der Cafeteria in der Klagenfurter Khevenhüller Kaserne sitzt, nickt. Katrin Podgornik, 23 Jahre alt und seit acht Monaten Teil der Militärmusik.
„Ich war bei meinem Einrückungstermin die einzige Dame, aber das fand jetzt niemand außergewöhnlich. Es geht um den Zusammenhalt. Und der ist unabhängig vom Geschlecht“, sagt Podgornik. Wobei sie jedoch rasch die Rolle der „Einrückungstag-Mama“ innerhalb ihrer Truppe übernommen habe, wie sie es nennt.
Nun ist es Lacchini-Fanninger, die nickt. „Frauen haben einen anderen Führungsstil. Vielleicht mehr Empathie. Das bestätigen mir auch jene Grundwehrdiener, die ich ausbilde.“
Einsätze im Ausland
War es für Podgornik die Liebe zur Musik, die sie zum Heer brachte, war es bei Lacchini-Fanninger der Wunsch, ins Ausland zu gehen. Missionen in Syrien, Bosnien und im Kosovo liegen hinter ihr. Im Mai ist es erneut Bosnien, das am Dienstplan der Mutter eines kleinen Sohnes steht.
„Ich habe die vollste Unterstützung meines Mannes und meiner Familie, sonst wäre so etwas nicht möglich“, sagt die 44-Jährige.
Doch was ist es, das einem der Beruf einer Soldatin abverlangt? Die Antworten der beiden Frauen kommen schnell: Körperliche und psychische Stärke, Leistungsstärke, Willenskraft. Und: Der Dienst an der Waffe.
„Man darf nie vergessen, dass man Soldatin ist. Im Ernstfall greifen wir zur Waffe. Egal. ob Sani oder Militärmusik“, sagt Lacchini-Fanninger. Welche Anrede sie denn bevorzugen: Soldat oder Soldatin? „Gendern sagt nichts aus über die Fähigkeit oder den Charakter aus. Aber ich bevorzuge Soldatin.“
Freiwilliger Grundwehrdienst
Für ihre Karriere beim Heer würden sich beide immer wieder entscheiden. „Man kann so viele Kurse besuchen, sich weiterentwickeln und hat einen krisensicheren Job. Das hat die Pandemie ganz klar gezeigt“, erklärt die 23-jährige Podgornik.
In Zukunft sollen sich so wie Podgornik aber noch viel mehr Frauen für den Dienst an der Waffen entscheiden. Deshalb gibt es seit heute die Möglichkeit, freiwillig den Grundwehrdienst anzutreten.
„Damit ermöglichen wir Soldatinnen, ohne weitere Verpflichtung, alle Waffengattungen kennenzulernen und sich im Zeitraum von sechs Monaten für den Soldatenberuf zu entscheiden“, erklärt dazu Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).
Bisher konnten Soldatinnen nur direkt in eine Kaderlaufbahn (Offizier, Unteroffizier) samt Eignungsprüfung einsteigen. Nun ermögliche man „endlich“ einen niederschwelligen Zugang, durch den Frauen wie ihre männlichen Kollegen „das System Bundesheer“ kennenlernen können, sagte Tanner bei der Präsentation.
1.250 Euro
Der erste Stellungstermin findet Anfang Mai statt, die ersten Soldatinnen im Grundwehrdienst erwarte man ab dem dritten Quartal. Dutzende Interessentinnen hätten sich bereits gemeldet. Die Bezahlung liegt dem Ausbildungsdienst entsprechend übrigens bei rund 1.250 Euro und ist damit jener von Soldaten, die sich verpflichten, gleichgestellt.
Die Hoffnung im Bundesheer ist groß, dass die neuen Möglichkeiten auch mehr Frauen in die Kasernen bringen. Denn mit einem weiblichen Anteil von 4,3 Prozent steht man im europäischen Vergleich noch nicht sehr gut da. Das Ziel sind 15 Prozent, heißt es im Ministerium.
Zurück nach Klagenfurt, wo sich eine Gruppe von Soldaten dem Stammtisch nähert. Man begrüßt sich mit Umarmung. Wenig später wird Lacchini-Fanninger sagen: „Das ist der Kollege, der gemeint hat, dass ich es nie schaffe.“ 21 Jahre später ist dieser Standpunkt überholt.
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