"Will mir meinen klaren Blick lange behalten"

Erfrischend unpolitisch und mit pointierten Aussagen bezieht Gerstorfer Stellung
Birgit Gerstorfer, die neue Chefin der SPÖ OÖ, über den verbesserungswürdigen Zustand ihrer Partei und gesteuerte Arbeit für Asylwerber.

Krise. Dieses Wort hört Birgit Gerstorfer gar nicht gerne, aber sie gesteht ein: "Der Zustand der SPÖ in Oberösterreich ist hochgradig verbesserungswürdig." Am Montag wurde die AMS-Chefin mit 83 Prozent zur neuen Spitze der Landespartei gewählt: "Meine Aufgabe ist es nun, die SPÖ nach innen zu einen und unsere Ziele verständlich nach außen zu transportieren." Dabei könnten jene Eigenschaften, die sie sich selbst zuschreibt und die von ihrem Umfeld bestätigt werden, helfen: "Ich bin eine optimistische, mutige und humorvolle Person – und ich liebe Menschen."

Nicht nur den Parteivorsitz, auch den Posten als Soziallandesrätin übernimmt die 52-Jährige von ihrem Vorgänger Reinhold Entholzer. Zusätzlich hat sie sich von Landeshauptmann-Stellvertreter Thomas Stelzer, ÖVP, die Frauenagenden übertragen lassen. In der Frauenpolitik sieht die Mutter zweier Töchter und Großmutter dreier Enkerl vier Schwerpunkte: den Ausbau der Kinderbetreuung, den Abbau der Einkommensschere, die gesellschaftliche Anerkennung der Arbeit von Frauen und die Gleichbehandlung von Mann und Frau auf ihrem Weg die Karriereleiter nach oben – auch mit Kindern. Sie selbst machte erst nach der Karenz Karriere, arbeitete sich von der Teilzeit-Sekretärin bis zur Landesgeschäftsführerin des AMS OÖ hoch. Management-Qualitäten hat die fröhliche Tennisspielerin also allemal vorzuweisen.

Dass Politik kein Kindergeburtstag, sondern manchmal ein Haifischbecken ist, dessen ist sich Birgit Gerstorfer bewusst: "Bei aller Dialogbereitschaft muss sich die SPÖ mir anpassen. Meinen Blick auf das Wesentliche, der derzeit noch gar nicht politisch geprägt ist, den will ich mir noch lange bewahren."

Und wie will Gerstorfer ihre Partei bei der Integration von Flüchtlingen positionieren? "Wenn nur 20 Prozent der derzeit 6000 in OÖ lebenden männlichen Asylwerber zwischen 18 und 60 Jahren arbeiten dürften, würden wir uns 6,9 Mio. Euro Grundversorgung sparen und 12 Mio. Euro an Sozialversicherungsabgaben einnehmen. Daran verdienen wir was. Ich befürworte also gesteuerte Arbeit für Asylwerber."

Veränderungen

Auch Personalrochaden stehen an: Peter Binder und Roland Schwandner als Geschäftsführer sind passé, die Neubesetzung des Postens entscheidet Gerstorfer bis zum Sommer. Kommende Woche steht ein Gespräch mit dem Linzer Stadtchef Klaus Luger auf der Agenda. Nach Turbulenzen im Jänner legte der bekanntlich seine Funktionen im Präsidium nieder. Geht es nach der Neo-Politikerin soll das nicht so bleiben: "Sicher werde ich versuchen, Klaus Luger von einer Rückkehr zu überzeugen."

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